Herbert Andorfer

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Herbert Andorfer
  • Version 1.0
  • Publikationsdatum 21. Mai 2025

Herbert Andorfer wurde am 3. März 1911 in Linz, Österreich, geboren. Nach der Matura arbeitete er hauptsächlich im Hotelgewerbe. Im Alter von 20 Jahren trat er 1931 in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) und zwei Jahre später in die SS (Schutzstaffel) ein. Im Jahr 1934 wurde er Ortsgruppenleiter der inzwischen illegalen NSDAP in Sölden. Nach dem Anschlusszog er nach Innsbruck und arbeitete hauptberuflich für die SS und später für den Sicherheitsdienst (SD).

Kommandant in Sajmište

Im Alter von 30 Jahren war er für den polizeilichen Nachrichtendienst im besetzten Jugoslawien tätig und wurde SS-Untersturmführer. Ab Oktober 1941 arbeitete er für den Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD (BdS) in Belgrad. Nach seinen eigenen Angaben aus der Nachkriegszeit wurde Andorfer in das Konzentrationslager Šabac geschickt, um Häftlinge zu verhören. Bald darauf wurde er Kommandant des Konzentrationslagers in Sajmište, auch „Judenlager Semlin“ und später „Anhaltelager Semlin“ genannt.

Aus dieser Zeit seiner Tätigkeit sind nicht viele Dokumente erhalten. Aus der Korrespondenz zwischen ihm und der Stadtverwaltung der Stadt Belgrad wissen wir aber, dass die Häftlinge der Lager oft eine unzureichende oder nicht geeignete Verpflegung erhielten. Es ist auch bekannt, dass er die Freilassung von Romnja und Kindern anordnete, wenn die Abteilung VII der serbischen Spezialpolizei – der „Polizei für Juden und Zigeuner – bestätigte, dass sie dauerhaft in Belgrad wohnten.

Aufgrund von Zeugenaussagen von Überlebenden ist bekannt, dass Andorfer oft die Ermordung der Juden:Jüdinnen von Sajmište überwachte und dem Gaswagen in seinem eigenen Auto bis zur Tötungsstätte Jajinci folgte, wo die Leichen dann in Massengräbern verscharrt wurden.

„Sonderkommando Andorfer“ in Italien

Nach der Kapitulation Italiens im September 1943 wurde er nach Norditalien geschickt und Kommandeur einer Sondereinheit zur Partisanenbekämpfung, dem „Sonderkommando Andorfer“. Er war für zahlreiche Verbrechen verantwortlich, zum Beispiel für die Ermordung von 31 Jugendlichen und jungen Männern in Bassano del Grappa, die an der Hauptstraße der Stadt erhängt wurden.

Nachwirkungen

Nach dem Krieg gelang ihm die Flucht nach Venezuela, wo er unter einem falschen Namen lebte. Er blieb dort eine Zeit lang, kehrte aber bald nach Österreich zurück, wo er wieder im Hotelgewerbe arbeitete, diesmal unter seinem richtigen Namen. Erst 1967 wurde er im Zuge der Ermittlungen zu den Verbrechen in Sajmište verhaftet. 1969 verurteilte ihn das Dortmunder Landgericht zu zweieinhalb Jahren Haft wegen Beteiligung an der Ermordung von mehr als 5 500 Juden:Jüdinnen. Wegen der bereits verbüßten Untersuchungshaft wurde er sofort entlassen. Er starb am 17. Oktober 2003 in einem Altersheim in Anif bei Salzburg.

Citation

Milovan Pisarri: Herbert Andorfer, in: Encyclopaedia of the Nazi Genocide of the Sinti and Roma in Europe. Ed. by Karola Fings, Research Centre on Antigypsyism at Heidelberg University, Heidelberg 21 May 2025.

1941
28 October – 3 November 1941In German-occupied Serbia, Wehrmacht soldiers together with Serbian police units and agents of the Serbian special police carry out mass arrests of Belgrade Roma. They are taken to the Belgrade concentration camps Topovske Šupe, German-occupied Serbia, where they are held hostage for reprisals. 2,200 hostages, mostly Jewish and Roma males, are eventually shot in Zasavica, Jabuka and Jajinci near Belgrade.
10 – 11 December 1941Roma women and children from Belgrade, German-occupied Serbia, are arrested and taken to Sajmište concentration camp, after their male family members have been killed in mass executions a month earlier. The camp’s commandant decides to release those women and children who can prove permanent residence in Belgrade. Those who are not released will be killed during the liquidation of the camp together with Jewish women and children between March and May 1942.
1969
30 January 1969Dortmund Regional Court sentences Herbert Andorfer, former camp commander of the Sajmište concentration camp in Belgrade, German-occupied Serbia, to two and a half years for complicity in the killing of more than 5 500 Jews. Among the victims of the Sajmište camp were also Romani women with their children.