Amilcare Debar

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Amilcare Debar
  • Version 1.0
  • Publikationsdatum 10. Januar 2025

Amilcare „Taro“ Debar (auch Amilcare De Bar) wurde am 16. Juni 1927 in Frossasco bei Turin, Italien, geboren. Seine Eltern – Giovanni De Bar und Guiseppina De Colombi – verstarben früh, so dass er im Alter von drei Jahren zusammen mit seiner jüngeren Schwester Elvira als Waisenkind in einem katholischen, von Nonnen betriebenen Heim untergebracht wurde. Er verlor dadurch den Kontakt zu den übrigen Mitgliedern seiner Familie. Anschließend wurde er in das Waisenhaus in Racconigi in der Provinz Cuneo geschickt, wo er die Grundschule besuchte und eine Berufsausbildung absolvierte.

Partisanentätigkeit

Amilcare Debar fand Arbeit auf dem Bauernhof einer wohlhabenden Familie in der Gegend von Racconigi. Dort wurde er von Mitgliedern des Nationalen Befreiungskomitees [Comitato di Liberazione Nazionale, CNL] kontaktiert. Im Alter von nur 17 Jahren führte er seine ersten Einsätze als Kurier von Partisanen durch und überbrachte in den Tälern von Cuneo Nachrichten.Danach schloss er sich einer Abteilung der Brigade 48 Garibaldi, Bataillon „Dante Di Nanni“,1Zu Dante Di Nanni (1925–1944) siehe https://www.anpi.it/biografia/dante-di-nanni [Zugriff: 22.10.2024]. unter dem Kommando von Pompeo Colajanni (1906–1987), genannt Barbato, an.2Zu Pompeo Colajanni siehe https://www.anpi.it/biografia/pompeo-colajanni [Zugriff: 22.10.2024]. Amilcare Debar nahm an mehreren Aktionen zwischen Montoso, Barge, Bagnolo Piemonte und dem Infernotto-Tal teil.3Vgl. http://cuneo.anpi.it/news/id75/antifascismi-oltre-confine [Zugriff: 22.10.2024]. Nach einigen Monaten verlegte die Brigade Garibaldi ihr Operationsgebiet in die Gegend zwischen Monforte, Barolo und Serralunga und nahm vom 10. Oktober bis zum 2. November 1944 an der Verteidigung der Partisanenrepublik von Alba teil.4Vgl. die kurze Notiz unter https://web.archive.org/web/20160604094058/http://www.anpi.it/storia/146/ [Zugriff: 22.10.2024]. Nach dem Rückzug aus Alba ging die Brigade nach Monforte und nahm Dutzende von Faschisten gefangen, die erschossen wurden.5Vgl. das Interview mit Amilcare Debar, geführt am 30. März 1984, teilweise auch auf Romanes: https://www.yumpu.com/it/document/read/65269699/i-sinti-piemontesi-le-sinti-piemontakeri [Zugriff: 22.10.2024]. Amilcare Debar nahm anschließend an der Befreiung von Turin teil, die vom 26. bis 28. April 1945 stattfand.

Nach der Befreiung

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Amilcare Debar Polizist. Während einer Kontrolle hielt er eine Familie an, die denselben Nachnamen trug wie er. Er beschloss daraufhin, den Kontakt zu seinem ursprünglichen sozialen Umfeld wieder aufzunehmen und mit Sinti:ze zusammenzuleben, unter denen er als „Taro“ (Romanes für pummelig) bekannt ist.

In jenen Jahren wurde das Reisen mit dem Wohnwagenaufgrund von Verboten durch die Bürgermeister vieler italienischer Städte immer schwieriger. In den 1950er-Jahren kam Amilcare Debar in Kontakt mit dem Maler Pinot Gallizio (1902–1964), der sich sehr für die Angelegenheiten und die Kultur von „nomadi“ interessierte. Der Künstler beschloss direkt aktiv zu werden und politische Auseinandersetzungen zu führen. Er schenkte den Sinti eines seiner Grundstücke am Ufer des Flusses Tanaro in Alba, damit sie dort ungestört Halt machen konnten.6Zu Pinot Giuseppe Gallizio siehe https://www.cultweek.com/gallizio/ [Zugriff: 22.10.2024].

Zeit seines Lebens setzte sich Amilcare Debarfür die Rechte der Sinti:ze und Rom:nja ein, wurde Präsident der Opera Nomadi del Piemonte und beteiligte sich an verschiedenen nationalen und internationalen Initiativen. Er kämpfte für angemessene Wohnwagen-Stellplätze in den piemontesischen Gemeinden und zog Ende der 1970er-Jahre in den „campo nomadi“ von Cerialdo in der Provinz Cuneo.7Vgl. https://sfi.usc.edu/education/roma-sinti/it/conosciamo-i-roma-e-i-sinti/chi-sono/nel-mondo-e-in-italia.php. Das Interview wurde am 28. November 1998 in Cuneo von Giovanna Boursier (geb. 1966) geführt. [Zugriff: 22.10.2024].

Ehrungen

In den 1980er-Jahren erhielt er aus den Händen des Präsidenten der Italienischen Republik, Sandro Pertini (1896–1990), ebenfalls ein ehemaliger Partisan, eine Auszeichnung, die seine „Qualifikation als italienischer Freiheitskämpfer“ [Qualifica di Combattente per la Libertà d’Italia] bescheinigt.

Amilcare Debar starb am 12. Dezember 2010 in Cuneo. Posthum ehrte ihn am 25. April 2017 der Nationale Verband der italienischen Partisanen [Associazione Nazionale Partigiani d‘Italia, ANPI] von Cuneo mit einer Urkunde, die an sein Engagement für die Befreiung vom „Nazifaschismus“ und die Achtung der Werte der Verfassung erinnert.8Zur Veranstaltung siehe https://www.youtube.com/watch?app=desktop&v=xw41nb73luo [Zugriff: 22.10.2024]. Die Zeremonie fand am Nationaldenkmal des Widerstandes in Cuneo statt.

Einzelnachweise

Zitierweise

Paola Trevisan: Amilcare Debar, in: Enzyklopädie des NS-Völkermordes an den Sinti und Roma in Europa. Hg. von Karola Fings, Forschungsstelle Antiziganismus an der Universität Heidelberg, Heidelberg 10. Januar 2025.-

1945
26. – 28. April 1945Amilcare Debar nimmt als Partisan an der Befreiung von Turin, Italien, teil.