László Endre

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László Endre
  • Version 1.0
  • Publikationsdatum 4. August 2025

László Endre, geboren am 1. Januar 1895 in Abony, Ungarn, war ein Beamter, Verwaltungsexperte und rechtsextremer Politiker, der von den frühen 1920er-Jahren bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs eine führende Rolle bei der staatlichen Verfolgung von Juden:Jüdinnen und Rom:nja spielte.

Karriere

Nach seinem Abschluss an der Budapester Universität [Budapesti Tudományegyetem] im Jahr 1918 und seinem freiwilligen Dienst während des Ersten Weltkrieges sowie in extrem nationalistischen paramilitärischen Gruppen schlug er eine Verwaltungslaufbahn ein. Einer kurzen Amtszeit als Stuhlrichter [szolgabíró] in den Verwaltungsbezirken Temesrékás (Recaş) und Gödöllő (1918–1923) folgte die Ernennung zum Oberstuhlrichter [főszolgabíró] des Bezirks Gödöllő (1923–1937).1Der szolgabíró und der főszolgabíró waren Vertreter der Staatsverwaltung mit weitreichenden administrativen und polizeilichen Befugnissen, die auch Befugnisse in der Arbeits-, Bevölkerungs- und Gesundheitspolitik umfassten.

Endre bekleidete auch führende Positionen in mehreren ungarischen rassistischen und nationalsozialistischen Organisationen und wurde in den 1930er-Jahren eine der populärsten rechtsgerichteten Persönlichkeiten des Landes. Im Januar 1938 wurde er zum Unterpräfekten [alispán] des Komitats (vergleichbar mit einem Landkreis) Pest-Pilis-Solt-Kiskun gewählt, einem der wichtigsten Verwaltungsposten in Ungarn, den er bis März 1944 innehatte.

Antisemitische und antiziganistische Praktiken

In den späten 1920er- und frühen 1930er-Jahren gründete Endre im Bezirk Gödöllő eines der ersten regionalen Gesundheitsprojekte [egészségügyi mintajárás = gesundheitspolitischer Musterkreis] des Landes. Dies geschah mit Unterstützung der Rockefeller-Stiftung, die für die Finanzierung eugenischer Projekte im Bereich der öffentlichen Gesundheit in ganz Osteuropa bekannt ist.

Im Einklang mit der ungarischen „produktiven Sozialpolitik“, die auf die Förderung der armen Landbevölkerung und den Aufbau eines modernen allgemeinen Gesundheitssystems abzielte, förderte das Programm des Gesundheitsbezirks Rassenhygiene und Pronatalismus durch selektive Unterstützung, die Menschen jüdischer und romani Herkunft ausschloss. Die Verwaltung von Endre diskriminierte bewusst Juden:Jüdinnen und Rom:nja, indem sie auf diese Gesetze und Vorschriften strenger anwandte als auf andere Bürger:innen.2Zum Beispiel verbot der Erlass Nr. 33.755/1941 des Unterpräfekten des Komitats Pest-Pilis-Solt-Kiskun vom 3. Juni 1941 „umherziehenden Zigeunern“ die Pferdehaltung und den Pferdehandel und forderte die örtlichen Behörden auf, Pferde im Besitz von „Zigeunern“ zu beschlagnahmen und zu versteigern. Pest-Pilis-Solt-Kiskun Vármegye Hivatalos Lapja, Vol. 23, 5. Juni 1941.

Endre nutzte seine Position in der öffentlichen Verwaltung auch dazu, um aktiv antisemitische und antiziganistische Praktiken zu fördern, die sogar über die bestehenden Gesetze und Verordnungen hinausgingen. In der Vorbereitungsphase des äußerst restriktiven Erlasses des Innenministeriums von 1928 über die „Regulierung der nicht sesshaften Zigeuner“ empfahl er die Einführung von Zwangsarbeit (was seiner Meinung nach auch die Auswanderung von Rom:nja fördern würde), umfassende Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit und der staatlichen Regulierung sowie die Registrierung aller Zigeuner, einschließlich so genannter „sesshafter“ Haushalte.3MNL PVML, IV. 485/b. 3405/1928, Bericht des Hauptwachtmeisters László Endre an den Unterpräfekten des Komitats Pest, 28. Februar 1928.

Im Jahr 1934 ging er sogar noch weiter und drängte auf eine „radikale und endgültige Lösung“ der „Frage der nicht sesshaften Zigeuner“ auf rassenhygienischer Grundlage, wobei er sich einer radikal gewalttätigen Sprache bediente, um Sterilisationsmaßnahmen sowie die Einrichtung von Konzentrationslagern für so genannte „nicht sesshafte Rom:nja im ganzen Land und die Einweisung von romani Kindern in staatliche Obhut zu propagieren.4László Endre, „A kóborcigány-kérdés rendezése,“ [Die Regelung der Frage der nichtsesshaften Zigeuner], Magyar Közigazgatás, 16 (1934): 5. Endres Vorschläge wurden von seinen Vorgesetzten abgelehnt, aber seine Ideen drangen nach und nach in die höheren Ebenen der öffentlichen Verwaltung ein.

Nach der Wahl Endres zum Unterpräfekten [alispán] und damit zum Leiter der Verwaltung des Komitats Pest-Pilis-Solt-Kiskun forderte er das Innenministerium wiederholt dazu auf, die „Lösung der Zigeunerfrage“ auf nationaler Ebene umzusetzen, während er auf lokaler und regionaler Ebene mehrere seiner früheren politischen Empfehlungen zur Verfolgung der als „jüdisch“ oder „zigeunerisch“ bezeichneten Personen in die Praxis umsetzte.

Auf Vorschlag des leitenden Gesundheitsbeamten [tisztifőorvos] des Komitats Pest-Pilis-Solt-Kiskun wandte sich der Komitatsausschuss an den Innenminister und schlug vor, Rom:nja in einem einzigen Lager in einem Teil des Landes zu konzentrieren und dort unter strenger Kontrolle zu beschäftigen.5Bericht des Unterpräfekten László Endre über die Lage im Komitat Pest. Függetlenség, 14. Mai 1942.

Im November 1938 ordnete Endre zweimal jährlich durchzuführende Razzien an, um Juden:Jüdinnen nicht-ungarischer Staatsangehörigkeit aufzuspüren und aus dem Landkreis zu vertreiben, und am 24. April 1939 erließ er denselben Befehl für „nomadische Zigeuner“.6Purcsi Barna, A cigánykérdés “gyökeres és végleges megoldása”, 58. Obwohl der Innenminister ihn im Herbst 1941 rügte und darauf drängte, einige seiner antisemitischen Maßnahmen zurückzunehmen, konnte Endre seineantiziganistischen Maßnahmen in den Jahren 1939 bis 1944 umsetzen.

Die Anweisungen vom Frühjahr 1939 definierten „nomadische Zigeuner” als Personen ohne Wohnsitz im Komitat. Diese mussten bei der Polizei registriert werden (Anzahl der Personen, Geschlecht, Alter, Anzahl der Wagen und Pferde) und aus dem Komitat Pest-Pilis-Solt-Kiskun in das Komitat ihres Wohnsitzes ausgewiesen werden. Außerdem wurde die Registrierung von „Musiker-Zigeunern” angeordnet, die in romani Siedlungen lebten und ihren Lebensunterhalt nicht mit Musikdarbietungen bestreiten konnten.

Berichten über die zwischen 1939 und März 1944 durchgeführten Razzien zufolge erbrachten diese jedoch hinsichtlich der Anzahl der festgenommenen und ausgewiesenen Personen nur magere Ergebnisse. Mit Anweisungen vom 31. März 1943 erweiterte Endre die Razzien um die Überprüfung und Entziehung von Genehmigungen zur Pferdehaltung, die sich im Besitz der aufgegriffenen Personen befanden.7Ebd.

Deportation der ungarischen Juden:Jüdinnen

Nach der deutschen Besetzung Ungarns wurde Endre zum Verwaltungsstaatssekretär im Innenministerium ernannt (März bis August 1944). In enger Zusammenarbeit mit Adolf Eichmann (1906–1962) dirigierte Endre die Gettoisierung und Massendeportation der ungarischen Juden:Jüdinnen, vor allem in das Konzentrations– und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Nach einer Kehrtwende in der ungarischen Regierungspolitik, die zur vorübergehenden Aussetzung der Deportationen führte, wurde ihm am 20. Juli die Aufsicht über die „jüdischen Angelegenheiten“ entzogen.

In der Zeit der Pfeilkreuzler kehrte er in die öffentliche Verwaltung zurück, und zwar als Beauftragter der Regierung für die zivile öffentliche Verwaltung in den militärischen Einsatzgebieten (29. Oktober 1944 bis April 1945), ohne nennenswerte Exekutivbefugnisse. Im Frühjahr 1945 folgte Endre der Pfeilkreuzler-Regierung und floh nach Österreich.

Verhaftung und Bestrafung

Nach seiner Verhaftung im Juli 1945 durch die amerikanischen Streitkräfte in dem österreichischen Dorf Altenmarkt wurde Endre im Oktober 1945 an die ungarischen Behörden ausgeliefert. Der ungarische Volksgerichtshof verurteilte ihn zum Tod durch den Strang. Endre wurde am 29. März 1946 in Budapest hingerichtet.

Einzelnachweise

  • 1
    Der szolgabíró und der főszolgabíró waren Vertreter der Staatsverwaltung mit weitreichenden administrativen und polizeilichen Befugnissen, die auch Befugnisse in der Arbeits-, Bevölkerungs- und Gesundheitspolitik umfassten.
  • 2
    Zum Beispiel verbot der Erlass Nr. 33.755/1941 des Unterpräfekten des Komitats Pest-Pilis-Solt-Kiskun vom 3. Juni 1941 „umherziehenden Zigeunern“ die Pferdehaltung und den Pferdehandel und forderte die örtlichen Behörden auf, Pferde im Besitz von „Zigeunern“ zu beschlagnahmen und zu versteigern. Pest-Pilis-Solt-Kiskun Vármegye Hivatalos Lapja, Vol. 23, 5. Juni 1941.
  • 3
    MNL PVML, IV. 485/b. 3405/1928, Bericht des Hauptwachtmeisters László Endre an den Unterpräfekten des Komitats Pest, 28. Februar 1928.
  • 4
    László Endre, „A kóborcigány-kérdés rendezése,“ [Die Regelung der Frage der nichtsesshaften Zigeuner], Magyar Közigazgatás, 16 (1934): 5.
  • 5
    Bericht des Unterpräfekten László Endre über die Lage im Komitat Pest. Függetlenség, 14. Mai 1942.
  • 6
    Purcsi Barna, A cigánykérdés “gyökeres és végleges megoldása”, 58.
  • 7
    Ebd.

Zitierweise

Eszter Varsa / László Csősz: László Endre, in: Enzyklopädie des NS-Völkermordes an den Sinti und Roma in Europa. Hg. von Karola Fings, Forschungsstelle Antiziganismus an der Universität Heidelberg, Heidelberg 4. August 2025.-

1939
24. April 1939Im Komitat Pest-Pilis-Solt-Kiskun in Ungarn ordnet László Endre zweimal jährlich durchzuführende Razzien gegen Rom:nja ohne Wohnsitz im Komitat an, mit dem Ziel, diese zu vertreiben. Die Verordnung bleibt bis 1944 in Kraft.