Hajrija Imeri-Mihaljić (auch Imeri Mihaljić genannt) war eine Romni aus dem Dorf Ade [Albanisch: Hade] in der Nähe von Obilić [Albanisch: Obiliq], Kosovo. Obwohl ihre Lebensgeschichte in den letzten Jahren sehr bekannt geworden ist, liegen weiterhin keine Informationen über ihre Geburts- und Todesdaten vor.
Die Rettung eines jüdischen Kindes
Hajrija Imeri-Mihaljić arbeitete als Haushälterin bei der jüdischen Familie Acević in Kosovska Mitrovica [Albanisch: Mitrovica]. Als die vom nationalsozialistischen Deutschland angeführten Achsenmächte im April 1941 das Königreich Jugoslawien besetzten, flohen Blagoje Acević (Lebensdaten nicht bekannt) und Bukica Acević (Lebensdaten nicht bekannt) in die Berge und schlossen sich den Partisan:innen an, wobei sie ihre einjährige Tochter Ester-Stela Acević (geb. 1940) bei seiner Großmutter Ester Baruch (unbekannt–1942) zurückließen.
Als Hajrija Imeri-Mihaljić im März 1942 erfuhr, dass das Mädchen und seine Großmutter zusammen mit anderen Juden:Jüdinnen in ein Internierungslager in Kosovska Mitrovica gebracht worden waren, suchte sie sie gemeinsam mit ihren fünf Kindern im Lager auf. Ester Baruch bat sie, sich um das Mädchen zu kümmern und es zu ihrer Familie zurückzubringen, falls jemand von ihnen überleben sollte. Hajrija Imeri-Mihaljić gelang es, Ester-Stela Acević aus dem Lager zu holen, in ihr Haus in Ade zu bringen und unter dem Namen Miradija zusammen mit ihren eigenen Kindern aufzuziehen.
Wiedersehen
Nach dem Krieg erfuhr Hajrija Imeri-Mihaljić, dass Ester-Stela Acevićs Eltern als Partisan:innen getötet worden waren und dass ihre Großmutter Ester Baruch im Konzentrationslager Sajmište gestorben war. Sie informierte das Mädchen, wer seine Eltern waren und wie sein richtiger Name lautete.
Während eines Rechtsstreits um ein Grundstück wurde Hajrija Imeri-Mihaljić von einem Nachbarn beschuldigt, ein jüdisches Mädchen zu verstecken; er teilte dies auch der Polizei mit. Nach einigen Tagen erschienen Vertreter:innen der jüdischen Gemeinde von Priština [Albanisch: Prishtina] und nahmen Ester-Stela Acević mit sich. Sie bedankten sich bei Hajrija Imeri-Mihaljić für die Rettung des Mädchens. Ester-Stela Acević wurde zunächst bei einer jüdischen Familie in Priština und dann in einem jüdischen Waisenhaus in Belgrad untergebracht.
Sie sprach nur Romanes und litt zutiefst darunter von der Person getrennt zu sein, die sie für ihre Mutter hielt. Als eine Mitarbeiterin des Waisenhauses, die ein wenig Romanes sprach, das Kind nach seinem Namen fragte, erzählte Ester-Stela Acević ihre Geschichte. Dabei stellte sich heraus, dass die Pflegerin tatsächlich ihre leibliche Mutter Bukica Acević war, die den Krieg überlebt hatte.
Hajrija Imeri-Mihaljić besuchte das Waisenhaus einmal, um zu sehen, wie es dem Kind ging, aber nachdem sie erfahren hatte, dass Ester-Stela Acević wieder mit ihrer leiblichen Mutter vereint worden war, kehrte sie in den Kosovo zurück.
Gerechte unter den Völkern
Im Jahr 1948 wanderten Ester-Stela Acević und ihre Mutter nach Israel aus, wo Ester-Stela Acević später heiratete und den Nachnamen ihres Mannes, Levy, annahm. Im Jahr 1988 legte sie in Yad Vashem über das Handeln von Hajrija Imeri-Mihaljić Zeugnis ab. Yad Vashem ehrte die kosovarische Romni daraufhin am 21. August 1991 als „Gerechte unter den Völkern“. Dies ist die höchste Auszeichnung, die Israel an nichtjüdische Menschen vergibt, die einen oder mehrere Juden:Jüdinnen unter Einsatz ihres eigenen Lebens gerettet haben.
Im Jahr 2016 wurde unter der Regie von Jakov Sedlar (geb. 1952) und Dominik Sedlar (geb. 1979) ein Dokumentarfilm über Hajrija Imeri-Mihaljić mit dem Titel „Die gerechte Zigeunerin“ gedreht. Er wurde am Internationalen Holocaust-Gedenktag (27. Januar) 2017 in Zagreb uraufgeführt. Ein besonderer Gast bei der Premiere war die gerettete Ester Levy, die selbst an den Dreharbeiten beteiligt war und in Israel lebt. Die Organisatoren waren der Verband der Rom:nja in der Republik Kroatien „Kali Sara“ und der Rom Veljko Kajtazi (geb. 1960), ein Mitglied des kroatischen Parlaments.
Im Jahr 2023 wurde die monumentale Skulptur „Gerechte unter den Völkern“ zum Gedenken an Hajrija Imeri-Mihaljić im Garten des Gedenkzentrums der Rom:nja in Uštica (Kroatien) aufgestellt, das sich in der Nähe der Gedenkstätte Jasenovac befindet. Das Denkmal stammt von dem Bildhauer Marin Marinić (geb. 1967).