Kislovodsk [Deutsch: Kislowodsk] ist eine Stadt im gleichnamigen Okrug des damaligen Krajs Ordžonikidze, Russland; heutiger Kraj Stavropol‘. Der Kurort wurde am 14. August 1942 im Zuge des „Unternehmens Blau“ kampflos besetzt und verblieb bis zum 10. Januar 1943 unter deutscher Okkupation, wobei er dem Kommandeur des rückwärtigen Armeegebietes 531 unterstand. Die Verwaltung der Stadt übernahm die Ortkommandantur I/933, die der Feldkommandantur 248 in Pjatigorsk unterstand. Bald nach der Einnahme von Kislovodsk traf ein Teilkommando des Einsatzkommandos 12 (EK 12) der Einsatzgruppe D ein.
Zu den ersten Maßnahmen der deutschen Militärverwaltung im August 1942 gehörte die Registrierung und Kennzeichnung der jüdischen Bevölkerung von Kislovodsk, die sich mehrheitlich aus Evakuierten und Flüchtlingen vom Beginn des Krieges zusammensetzte. Ein „Jüdisches Komitee“ hatte die vollständige Umsetzung der befohlenen Maßnahmen sicherzustellen. Am 9. September 1942 wurden zwischen 1 800 und 2 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder, die dem Aufruf des EK 12 zur vermeintlichen „Umsiedlung“ gefolgt waren, mit einem Güterzug zu einem Glaswerk bei Mineral’nye Vody deportiert und unter Einsatz von Gaswagen ermordet. Die Vernichtungsaktion dauerte bis in die späten Abendstunden. Die Leichen der Ermordeten wurden in einem Panzerabwehrgraben in der Nähe des Glaswerks verscharrt.
Im Vorfeld der großen Vernichtungsaktion hatte sich im Okrug Kislovodsk bereits eine gesonderte Massenerschießung ereignet. Nach sowjetischen Ermittlungen betraf sie zwischen 100 und 150 Jüdinnen:Juden, Rom:nja und Russ:innen, darunter mehrheitlich Frauen und Kinder, die im Sommer 1941 von der Krim geflohen oder evakuiert worden waren und in den nordkaukasischen Ortschaften Borgustanskaja und Bekeševskaja Zuflucht gefunden hatten. Dort gerieten sie im August 1942 doch noch unter deutsche Okkupation. Die Besatzer nahmen die ortsfremden Evakuierten und Flüchtlinge fest, deportierten sie in das östlich gelegene Kislovodsk und sperrten sie im Gebäude der Schule Nr. 16, das zu einem Internierungslager umfunktioniert worden war, ein. Nach Angaben des Schulwächters [storož školy] Ignatij Akimovič Jarys’ko (unbekannt–unbekannt), der zum Hauptzeugen der nachfolgenden Ereignisse wurde,1GARF, f. 7021, op. 17, d. 5, ll. 68-68ob, Erklärung des Zeugen Ignatij Akimovič Jarys’ko gegenüber der Außerordentlichen Staatlichen Kommission (handschriftliches Original), 30. Juni 1943. Eine beglaubigte Abschrift des Dokuments findet sich in RGASPI, f. 269, op. 1, d. 26, ll. 18–19. wurde das Lager von einheimischen Polizisten rund um die Uhr bewacht. Da die Gefangenen keine Versorgung erhielten, wurde es einzelnen Familienmitgliedern erlaubt, tagsüber in der Stadt um Lebensmittel zu betteln. Am 6. September 1942 wurde das Schulgebäude von deutschen „Gestapoleuten“ und einheimischen Polizisten – es dürfte sich um Angehörige des EK 12 und des Kaukasier-Bataillons gehandelt haben – umstellt und die Insass:innen wurden auf Lastkraftwagen verladen. Die Opfer wurden über den Fluss Podkumok in Richtung des sogenannten Ringberges [Kol’co-gora] gefahren und in einer Schlucht erschossen.
Laut Außerordentlicher Staatlicher Kommission waren 47 der Opfer Kinder unter 15 Jahren, darunter auch Kleinkinder und Säuglinge. Die genaue Zahl der Rom:nja unter den Erschossenen ist nicht überliefert.