Sardinien ist mit 24 100 Quadratkilometern flächenmäßig die zweitgrößte Insel im Mittelmeer. Während des Faschismus war sie eine der ärmsten Regionen des Königreichs Italien, in der vorwiegend Agrar- und Weidewirtschaft betrieben wurde und es nur wenige Ballungsräume gab. Zudem waren kaum Verbindungsstraßen und Bahnlinien vorhanden, dafür aber viele sumpfige und von Malaria verseuchte Gebiete.
Verbannung von Rom:nja auf Sardinien
Die Provinzen Sassari und Nuoro wurden vom faschistischen Regime für die Verbannung der istrischen Rom:nja aus der Provinz Pola (Pula) ausgewählt. Sie waren die von dieser Maßnahme am stärksten betroffene Gruppe. Es handelte sich um 23 Familienvorstände, 14 Männer und neun Frauen, denen insgesamt 83 Angehörige folgten. Insgesamt waren es 106 Personen. Auch zwei Familien aus der Provinz Fiume (Rijeka) gelangten aufgrund ihrer Verbannung nach Sardinien.
In Sardinien waren die Lebensbedingungen der Verbannten besonders schwer, nicht nur wegen des unzureichenden Tagegelds, das Verbannten ausgezahlt wurde, sondern auch weil die auf der Insel weitverbreitete Armut und Arbeitslosigkeit es ihnen quasi unmöglich machten, eine Arbeit zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes zu finden. Einige der Kommunen, in die Rom:nja verbannt wurden, waren von Malaria betroffen, sodass Verbannte erkrankten, ohne in der Lage zu sein, die Kosten für die notwendige ärztliche Behandlung aufzubringen.
Rom:nja und Sinti:ze wurden erst nach dem Inkrafttreten der Generalamnestie am 22. Juni 1946 aus der Verbannung befreit.1Decreto presidenziale, 22 giugno 1946, n. 4 Amnistia e indulto per reati comuni, politici e militari [Präsidialdekret, 22. Juni 1946, Nr. 4, Amnestie und Straferlass für gewöhnliche, politische und militärische Verbrechen], https://www.normattiva.it/uri-res/N2Ls?urn:nir:stato:decreto.presidenziale:1946-06-22;4 [Zugriff: 15.04.2024]. Das Dekret betraf Taten, die nach der Verkündung des Waffenstillstands und in der unmittelbaren Nachkriegszeit begangen worden waren. Nur wenige Rom:nja und Sinti:ze beschlossen, in Sardinien zu bleiben, die meisten zogen in den Nordosten Italiens.