Ján Lacko wurde während der Zeit des Slowakischen Staates mehrfach inhaftiert, kämpfte als Partisan und musste den Verlust seiner Familie durch ein von deutschen und slowakischen Einheiten verübtes Kriegsverbrechen erleiden.
Lacko wurde am 18. Juli 1901 in Dolný Turček in der Mittelslowakei geboren. Dabei handelte sich um eine mehrheitlich deutschsprachige Gemeinde mit insgesamt 797 Bewohner:innen, darunter ungefähr 23 Rom:nja. Lacko verdiente seinen Lebensunterhalt mit Textilhandel und Musik; er spielte Kontrabass, Violoncello und Geige.
Verschleppung zur Zwangsarbeit und Widerstand
Am 12. September 1942 wurde Ján Lacko nach Dubnica nad Váhom zur Zwangsarbeit verschleppt. Am 11. Januar 1943 gelang ihm die Flucht; am 8. März wurde er jedoch gefasst und erneut in Dubnica nad Váhom eingesperrt.
Aufgrund der Inhaftierung Lackos lebten die zurückgebliebene Ehefrau und die gemeinsamen Kinder in großer materieller Not. Zuvor hatte Ján Lacko beispielsweise im Herbst 1941 bei der Forstverwaltung in Kremnica [Deutsch: Kremnitz] oder im Jahr 1942 im Forstunternehmen Macička in Dolný Kubín gearbeitet und durchschnittlich 50 Kronen pro Tag verdient.
Dagegen erhielt Rozália Lacková (1909–1944) im Dezember 1942 lediglich rund etwa 180 Kronen, um den Lebensunterhalt für den ganzen Monat zu bestreiten.1Slowakisches Nationalarchiv, Bestand Ministerstvo vnútra, Karton Nr. 558, Aktennr. E 2714/43.
Rozália Lacková wie auch Ján Lacko selbst stellten mehrere Anträge auf Haftentlassung. Diese wurde auch von der Forstverwaltung, einem örtlichen Arzt, dem Regierungskommissar in Dolný Turček und dem Pfarrer in Piargy [Deutsch: Johannesberg] befürwortet. Die Verwaltung des Lagers in Dubnica nad Váhom dagegen sperrte sich gegen die Freilassung von Ján Lacko, da er vor seiner Eheschließung im Jahre 1935 mehrmals wegen Desertion und geringfügigen Vergehen bestraft worden war.
Dennoch konnte Ján Lacko am 4. Juni 1943 nach Hause zurückkehren – die Interventionen der verschiedenen Stellen wie auch die Armut der Familie scheinen den Ausschlag dafür gegeben zu haben.
Nach seiner Entlassung entschied sich Lacko für den bewaffneten Widerstand und schloss sich den Partisaneneinheiten „Kremnická jednotka Gejza Lacka“ [Kremnitzer Einheitsgruppe von Gejza Lacko (1907–1977)], „Jegorovova skupina in Kremnice“ [Jegorovs Gruppe in Kremnitz] sowie der „I. und II. partizánska brigáda M. R. Štefánika“ [I. und II. Partisanenbrigade Milan Rastislav Štefanik (1880–1919)] an.
Wegen seiner Widerstandstätigkeit wurde er im Herbst 1944 erneut verhaftet und zunächst nach Ilava und schließlich wieder nach Dubnica nad Váhom verschleppt.
Verlust der Familie
Als Ján Lacko im Frühling 1945 nach Dolný Turček zurückkehrte, erfuhr er, dass eine Familie ermordet worden war. Seine Mutter Mária Lacková (1875/1876–1944), seine Ehefrau Rozália Lacková sowie seine Töchter Margita (1928–1944), Gabriela (1929/1930–1944), Rozália (1942–1944) und die erst zwei Monate alte Valéria Lacková (1944–1944) hatten sich in den Wäldern in der Nähe von Banská Bystrica vor den deutschen Truppen versteckt.2Den Quellen ist zu entnehmen, dass das Ehepaar noch einen Sohn namens Ernest Lacko (geboren etwa 1936/1937) hatte, der an Rachitis litt und 1943 oder 1944 verstarb. Als sie im November 1944 nach Dolný Turček zurückkehrten, wurden sie unmittelbar verhaftet und verhört. Unter dem Vorwand, eine neue Unterkunft zu erhalten, wurden sie schließlich in den Wald nahe des Berges Puš geführt und dort am 3. November 1944 erschossen. Bei den Tätern soll es sich um deutsche Gestapoangehörige und Mitglieder der slowakischen Heimwehr gehandelt haben.
Weiterleben
Ján Lacko ließ nach dem Krieg seine Frau, die vier Kinder und seine Mutter auf dem Friedhof in Dolný Turček bestatten. Er lebte weiterhin in der Gemeinde und gründete später mit Anna Goralová (Lebensdaten nicht bekannt), die ihren Ehemann im Zweiten Weltkrieg verloren hatte, eine Familie.
Im Juli 1947 befand sich Ján Lackos Name auf einer Liste derjenigen Roma, welche die Öffentliche Sicherheit als sogenannte Müßiggänger betrachtete. Vorgesehen war, ihn in einem Arbeitslager unterzubringen. Da Ján Lacko zum damaligen Zeitpunkt schwer erkrankt war, entging er der Inhaftierung.
Ján Lacko äußerte außerdem öffentlich Kritik an ehemaligen Mitgliedern der Heimwehr, die nach dem Zweiten Weltkrieg zu mächtigen Mitgliedern der kommunistischen Partei wurden. Daraufhin erhielt er Morddrohungen.
Ján Lacko verstarb im Jahr 1967. Seine Urenkelin Vera Lacková (geb. 1989) drehte im Jahr 2021 den Dokumentarfilm „Ako som sa stala partizánkou“ [Wie ich Partisan wurde],3Vgl. https://www.filmpartizanka.eu/en/about-film/ [Zugriff: 15.11.2024]. in dem sie das Leben ihres Urgroßvaters und den Widerstand anderer Roma, die als Partisanen kämpften, anhand von Interviews und Archivmaterial erzählt, und so einer breiten Öffentlichkeit bekannt machte.