Die Erfassung von „Zigeunern, Zigeunermischlingen und Personen, die nach Zigeunerart leben“ im Protektorat Böhmen und Mähren fand vom 1. bis 3. August 1942 statt. Das Datum, der Aufgabenbereich und die operativen Anweisungen für diese Maßnahme waren im „Erlass zur Bekämpfung der Zigeunerplage“ festgelegt worden, der am 24. Juni 1942 im Protektorat herausgegeben worden war. Die Durchführungsverordnung zu diesem Erlass wurde am 10. Juli 1942 von Horst Böhme (1909–1945), dem neu ernannten Generalkommandanten der Schutzpolizei, erlassen. Die Umsetzung dieser Verordnung basierte auf Daten über Rom:nja, die die Polizei seit den 1920er-Jahren gesammelt hatte, sowie auf Vorschriften des Gesetzes Nr. 117/1927.
Umsetzung
Die Verordnung wurde hauptsächlich von tschechischen Gendarmen unter der Aufsicht höherer Polizeibehörden und mit Unterstützung der Bezirks- und Gemeindebehörden durchgeführt. Den zuvor als „Zigeuner, Zigeunermischlinge und in zigeunerischer Lebensweise lebenden Personen wie Kesselflicker, Scherenschleifer, Schausteller, sofern sie kein eigenes Gewerbe mit festem Wohnsitz ausüben“ kategorisierten Personen wurde für den Zeitraum vom 1. bis 3. August 1942 verboten, ihren Wohnort zu verlassen.
Am 2. August 1942 mussten sie sich bei den örtlichen Gendarmeriestationen melden. Dort wurden sie von Gendarmen verhört und auf Anordnung der deutschen Behörden wurden vor allem ihre Abstammung und Familienverhältnisse, drei Generationen zurückreichend, umfassend dokumentiert. Mit für die Identifizierung hilfreichen Informationen wie Fotografien und Fingerabdrücke wurde ebenso verfahren. Die Unterlagen wurden gemäß der Durchführungsverordnung bei der Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens in Berlin gesammelt.
Auswirkungen
Während des Registrierungsprozesses mussten die Gendarmen auch Entscheidungen über die ‚rassische‘ Einstufung treffen. Aufgrund ihrer Beurteilung wurden die Menschen entweder sofort in die „Zigeunerlager” Lety bei Pisek oder Hodonin bei Kunstadt deportiert oder erhielten ein Schreiben, in dem ihnen erklärt wurde, dass sie bei Verstößen gegen die Vorschriften oder bei Nichtfortsetzung ihrer bisherigen Arbeit in „Vorbeugungshaft” genommen würden, was die Internierung in einem der Lager im Protektorat oder die Deportation in das Konzentrationslager Auschwitz bedeutete.
Die Entscheidung über die rassistische Einstufung durch die tschechischen Gendarmen war vorläufig; die endgültige Entscheidung lag bei der deutschen Kriminalzentrale in Prag. Grundsätzlich hätte der Nachweis einer festen Arbeitsstelle eine Internierung verhindern müssen, aber wenn der Gendarm und das örtliche Arbeitsamt sich einig waren, dass eine bestimmte Person in ein Lager geschickt werden sollte, wurde diese Regel nicht beachtet.
Insgesamt wurden 11 886 Menschen auf diese Weise erfasst; 5 860 wurden von den Gendarmen vorläufig als „Rassezigeuner” oder „Zigeuner-Mischlinge” eingestuft. Rund 2 000 Menschen wurden unmittelbar in die Lager Lety bei Pisek und Hodonin bei Kunstadt deportiert. Diejenigen, die nicht sofort interniert wurden, konnten ihr Leben in relativer Freiheit außerhalb der Lager fortsetzen, standen jedoch bis zu ihrer späteren Deportation in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau unter strenger polizeilicher Überwachung.
Der Verbleib der 1942 angelegten Akten, die für die historische Forschung sowie für die Überlebenden und ihre Angehörigen von großem Wert sind, ist bis heute ungeklärt.