Gonars

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Gonars
  • Version 1.0
  • Publikationsdatum 15. Februar 2024

Die Ortschaft Gonars liegt südlich der Stadt Udine, in der heute Friaul-Julisch Venetien genannten Region Italiens. Sie ist etwa sechs Kilometer von dem Städtchen Palmanova entfernt, das über einen Bahnhof verfügt.

Errichtung des Lagers

In Gonars wurde im Oktober 1941 zuerst ein Lager für Kriegsgefangene errichtet, in dem Soldaten und Offiziere des Jugoslawischen Heeres interniert wurden. Gleichzeitig wurde auf einem etwa einen Kilometer entfernt gelegenen Areal eine größere Anlage aufgebaut, die sowohl aus Zelten als aus Baracken bestand und „campo maggiore“ (Hauptlager) genannt wurde. Ab März 1942 wurde diese Anlage für die Internierung von politischen Häftlingen und von Zivilist:innen verwendet, die in der Provinz Ljubljana bei ‚Durchkämmungen‘ gefangen genommen worden waren. Das „campo maggiore“ war von einer über drei Meter hohen Stacheldrahtumzäunung umgeben sowie mit Wachtürmen versehen, auf denen mit Maschinengewehren ausgestattete Wachleute positioniert waren.

Zuständig für die Leitung des Lagers und für die Internierten war das in Ljubljana stationierte XI. Armeekorps. Als Lagerkommandant wechselten sich mehrere Oberstleutnante ab, für die Überwachung waren circa 36 Offiziere und 600 Soldaten eingesetzt.

Die Internierten

Die Anzahl der Internierten belief sich im September 1942, nach den großen Razzien, die im Laufe des Sommers in der Provincia di Lubiana (Provinz Ljubljana) durchgeführt worden waren, auf insgesamt 6 396 Personen. Ab November 1942 kamen in Gonars die ersten Familien an, darunter viele aus dem Lager Arbe und aus den italienisch besetzten kroatischen Gebieten. Auch Transporte von alleinstehenden Frauen trafen aus Ljubljana ein.

Die Lebensbedingungen der Internierten waren sehr hart, sowohl wegen der Überfüllung des Lagers als auch wegen des Mangels an Nahrung und Bekleidung. In 80 Prozent der Fälle gebaren die Schwangeren Totgeburten. Die Anzahl der Todesfälle betrug insgesamt 439, sodass im Dezember 1942 in der Nähe des städtischen Friedhofs ein neuer Friedhof für die im Lager Verstorbenen gebaut werden musste.

Nach der Ankündigung des Waffenstillstands zwischen Italien und den Alliierten (8. September 1943) konnten die Internierten eine Einigung mit der Lagerleitung über die Freilassung sämtlicher Häftlinge erreichen, die am 13. September 1943 begann. Im Lager verblieben etwa 700 Menschen, mehrheitlich Alte, Frauen und Kinder, die später ebenfalls freigelassen wurden.

Rom:nja und Sinti:ze im Lager

Laut dem Zeugenbericht von Maria Braidich (1903 oder 1904–unbekannt) sollen in dem Lager Gonars zwischen 15 und 20 Rom:nja und Sinti:ze inhaftiert gewesen sein, und Alessandra Kersevan (geb. 1950) erwähnt die Namen von zwei Romnja, die kurz nach der Geburt starben: Maria Braidich, geboren in Gonars am 27. Februar 1943 und dort am 18. März 1943 wegen schwerer Atrophie gestorben, und Cristina Levakovich, geboren in Gonars am 16. Januar 1943 und dort am 27. Februar 1943 an Atrophie gestorben.

Gedenkstätte

Auf Initiative der jugoslawischen Behörden wurde 1973 eine Gedenkstätte errichtet, in die die Gebeine von 471 Menschen verlegt wurden. 410 davon waren auf dem Friedhof von Gonars exhumiert worden, die Übrigen waren im nahe gelegenen Krankenhaus in Palmanova und in den Konzentrationslagern (campo di concentramento) für jugoslawische Zivilinternierte von Visco (in der Provinz Udine) und von Chiesanuova bei Padua ums Leben gekommen. Unter den Namen der Verstorbenen befindet sich auch der des Rom Anton Hudorovich (1922–1943), der im Lager von Chiesanuova gestorben war.

Zitierweise

Paola Trevisan: Gonars, in: Enzyklopädie des NS-Völkermordes an den Sinti und Roma in Europa. Hg. von Karola Fings, Forschungsstelle Antiziganismus an der Universität Heidelberg, Heidelberg 15. Februar 2024. -

1943
8. September 1943Nach dem Sturz Benito Mussolinis am 25. Juli 1943 verhandelt die neue Regierung unter Marschall Pietro Badoglio mit den Alliierten. Der Waffenstillstand wird am 3. September 1943 unterschrieben und am 8. September bekannt gegeben. Am 10. September wird die Entlassung der „Staatsangehörigen eines Feindstaates“ aus den Konzentrationslagern (campi di concentramento) verordnet. Politisch Internierte und andere ‚Kategorien´ waren schon früher entlassen worden. „Zigeuner“ wurden nicht beachtet und kamen daher noch nicht frei.