Josef Serinek

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Josef Serinek
  • Version 1.0
  • Publikationsdatum 19. Oktober 2025

Josef Serinek wurde am 25. Februar 1900 im Dorf Bolevec (heute Teil von Plzeň, Tschechische Republik) geboren. Während des Ersten Weltkriegs wurde er in die österreichisch-ungarische Armee eingezogen, desertierte jedoch bald. 1922 heiratete er und ließ sich in der Nähe von Podbořany (Bezirk Louny, Tschechoslowakei) nieder, wo seine Familie lebte. Mit seiner Jugendliebe und späteren Frau Pavlína Janečková (1900–unbekannt} bekam er zwischen 1923 und 1940 sechs Kinder: Leopolda (1923–unbekannt), Berta (1926–1943), Josef (1932–unbekannt), Barbora (1934–unbekannt), Růžena (1937–unbekannt) und Zdeňka (1940–1943).

1937 wurde Josef Serinek aufgrund seiner Tätigkeit als Kurier für Kommunist:innen in Deutschland und der Tschechoslowakei verhaftet. Er war bis Ende der 1930er-Jahre in Dresden, Nürnberg und Cheb inhaftiert und kehrte dann zu seiner Familie zurück. Anfang August 1942 wurden Serinek und seine gesamte Familie in das Zigeunerlager Lety bei Pisek deportiert. Mit Ausnahme seiner selbst starben alle Mitglieder seiner engsten Familie in Lety oder im Konzentrations– und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau.

Im Widerstand

Serinek wurde einer Arbeitsgruppe außerhalb des Lagers zugeteilt, von wo ihm am 15. September 1942 zusammen mit einigen anderen Männern die Flucht gelang. Die Gruppe überlebte mit der Unterstützung eines losen Netzwerks aus Familienmitgliedern, Bekannten und gelegentlich auch sympathisierenden Fremden, löste sich jedoch schließlich auf. Im Frühjahr 1943 waren Serinek und sein Freund Karel Serynek (1918–1943) nur noch zu zweit.

Am 19. April 1943 wurde Karel Serynek bei dem Versuch, einer erneuten Verhaftung zu entkommen, im Wald erschossen, und Serinek war gezwungen, sich alleine durchzuschlagen. Er gelangte in die Wälder der Českomoravská vrchovina [Böhmisch-Mährische Höhe] und knüpfte Kontakte zum regionalen tschechischen Widerstand. Gleichzeitig begann er, eine eigene Gruppe zu organisieren, die sich hauptsächlich aus sowjetischen Kriegsgefangenen und „Ostarbeitern” aus der Ukraine zusammensetzte, die entweder aus deutschen Lagern oder von ihren Arbeitsplätzen geflohen waren. Um seine ständig wachsende Gruppe zu unterstützen, baute er ein Netzwerk von Kontakten in den umliegenden Ortschaften auf und erlangte schnell einen sehr guten Ruf sowohl in der Widerstandsbewegung als auch unter der lokalen Bevölkerung.

1944 beauftragte ihn die tschechische Widerstandsbewegung mit der Vorbereitung von Partisanenaktionen. Im Oktober 1944 erhielt Serinek den Befehl, einen Vergeltungsschlag gegen Gendarmen zu führen, die General Vojtěch Luža (1891–1944), ein führendes Mitglied des tschechischen Widerstands, erschossen hatten. Seine Gruppe wurde von sowjetischen Fallschirmjägern und anderen Mitgliedern des tschechischen Widerstands verstärkt.

Ende 1944, als sich der tschechische Widerstand und die sowjetische Partisanenorganisation in der Region zusammengeschlossen hatten, spaltete sich seine Gruppe. Der größte Teil schloss sich der „Jermak“-Gruppe an, während Serinek und der Rest seiner Männer sich der Partisaneneinheit „Dr. Miroslav Tyrš“1Dr. Miroslav Tyrš (1832–1884), Kunsthistoriker und Mitbegründer von Sokol, einer nationalen und patriotischen Turnbewegung, Protagonist und späterer Held der tschechischen Nationalbewegung im 19. Jahrhundert. anschlossen. Serinek wurde zum stellvertretenden Anführer der Einheit ernannt und nahm in dieser Funktion bis zum Ende des Krieges an den Kämpfen teil.

Nach dem Krieg

Nach dem Krieg ließ sich Serinek in Mähren nieder und heiratete erneut. Seine Frau Marie Serinková (1909–1970), geborene Kudová und verwitwete Zemanová, gehörte seit 1943 zu Serineks Widerstands-Netzwerk, ebenso wie ihr erster Ehemann, der im Sommer 1944 an einer schweren Krankheit starb. Das Ehepaar war mit Josef Serinek befreundet gewesen. Nach dem Tod ihres Mannes entwickelte sich eine Liebesbeziehung zwischen Marie und Josef Serinek.

1945 übernahmen die beiden eine Gaststätte in der Stadt Svitavy, die sie jahrelang erfolgreich führten. Die Gaststätte hieß „U černého partyzána“ [Zum schwarzen Partisanen]. Zusammen zogen sie vier Kinder groß: Maries Sohn aus erster Ehe und drei eigene Kinder, die nach dem Krieg geboren wurden. Josef Serinek starb am 14. Juni 1974 in Svitavy, vier Jahre nach seiner Frau.

Zeitzeugenschaft

Josef Serinek gehörte zu den ersten Menschen, die von einem tschechischen Historiker interviewt wurden, und zu den ersten, die das „Zigeunerlager“ in Lety erwähnten. Die Interviews, die Jan Tesař (geb. 1933) 1963 führte, konzentrierten sich jedoch auf die Geschichte der Partisanenbewegung und blieben viele Jahrzehnte lang unveröffentlicht. Im Jahr 2016 veröffentlichte Tesař eine ausführlich kommentierte Abschrift dieser Interviews.

Zuvor war Serinek in mehreren anderen Publikationen über die Partisanenbewegung erschienen, die überwiegend in der Tschechoslowakei, aber auch in der Ukraine veröffentlicht wurden. Infolgedessen sind verschiedene Versionen seiner Geschichte im Umlauf, von denen einige durch Stereotypen stark verzerrt sind.

Einzelnachweise

  • 1
    Dr. Miroslav Tyrš (1832–1884), Kunsthistoriker und Mitbegründer von Sokol, einer nationalen und patriotischen Turnbewegung, Protagonist und späterer Held der tschechischen Nationalbewegung im 19. Jahrhundert.

Zitierweise

Aletta Beck: Josef Serinek, in: Enzyklopädie des NS-Völkermordes an den Sinti und Roma in Europa. Hg. von Karola Fings, Forschungsstelle Antiziganismus an der Universität Heidelberg, Heidelberg 19. Oktober 2025.-

1942
1. – 3. August 1942Im Protektorat Böhmen und Mähren (deutsch besetzte böhmische Länder) werden als „Zigeuner“ definierte Personen registriert.
2. August 1942Im Protektorat Böhmen und Mähren (deutsch besetzte tschechische Länder) werden die „Zigeunerlager“ Lety bei Pisek und Hodonin bei Kunstadt in Betrieb genommen. In den ersten Tagen werden mehr als tausend Menschen in jedes Lager verschleppt.
15. September 1942Josef Serinek gelingt mit einigen anderen Männern die Flucht aus einem Arbeitskommando außerhalb des „Zigeunerlagers” Lety bei Pisek, Protektorat Böhmen und Mähren (deutsch besetzte tschechische Länder), und er schließt sich der Widerstandsbewegung an. Seine Frau Pavlína Janečková und ihre sechs Kinder sterben in Lety oder im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau.
1943
19. April 1943Karel Serynek, der aus einen Arbeitskommando des „Zigeunerlages“ Lety bei Pisek, Protektorat Böhmen und Mähren (deutsch besetzte tschechische Länder) am 15. September 1942 geflohen war, wird bei einem Festnahmeversuch erschossen.