Maria Braidich

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Maria Braidich
  • Version 1.0
  • Publikationsdatum 5. März 2024

Maria Braidich wurde am 22. Januar 1904 (nach anderen Quellen 1903) in dem kleinen Ort Gor Lakovnice, heute Gorenje Lakovnice (Novo Mesto, Slowenien), geboren. Ihre Eltern waren Rom:nja, die in der Umgebung von Ljubljana ein Wandergewerbe betrieben. Sie heiratete einen namentlich nicht bekannten Gadjo (Nicht-Rom), der sich nach der Annektierung der Provinz Ljubljana durch Italien dem slowenischen Widerstand anschloss. Während ihr Mann Partisan war, sorgte Maria Braidich für den Lebensunterhalt für sich und ihre acht Kinder. 1942 wurden sie und ihre Kinder von italienischen Soldaten verhaftet und in das Gefängnis von Ljubljana eingesperrt. Von dort wurden sie in das Konzentrationslager (campo di concentramento) Arbe (Kroatisch: Rab) in Dalmatien deportiert. Andere Angehörige wurden in Italien interniert.

Internierung in Arbe und Gonars

Maria Braidich und ihre Kinder blieben vier Monate lang in Arbe, unter extrem harten Bedingungen. Sie schliefen auf Strohlagern in Zelten und bekamen sehr wenig zu essen. Die Kinder konnten dank einem der Lagerköche überleben, der ihnen etwas Nahrung zusteckte. Im Herbst 1942 wurden die meisten Frauen und Kinder, die sich im Lager Arbe befanden, unter ihnen auch Maria und ihre Kinder, in das Lager Gonars in der Provinz Udine überführt. In Gonars waren alle Internierten in Baracken untergebracht, die Nahrung war unzureichend und von katastrophaler Qualität.

Deportation nach Ravensbrück

Nach der Ankündigung des Waffenstillstands zwischen Italien und den Alliierten (8. September 1943) konnten die Internierten das Lager verlassen. Maria Braidich und ihre Kinder schlossen sich anderen Rom:nja an, sie wanderten zu Fuß durch die ländlichen Gegenden Friauls und betrieben einen kleinen Straßenhandel, um ihren Unterhalt zu bestreiten. Schließlich wurde Maria Braidich von der deutschen Polizei festgenommen, in die Kaserne „Piave“ in Palmanova gebracht und von dort nach Udine überführt, wo sie circa einen Monat lang im Gefängnis blieb. Danach wurde sie mit einem Transport, der am 11. Januar 1945 von Triest abging, und in dem sich etwa 40 als „politisch“ bezeichnete Deportierte befanden, in das Konzentrationslager Ravensbrück verschleppt. Auf demselben Transport befanden sich außer Maria Braidich noch zwei weitere Romnja: Emma ‘Wilma’ Braidich (1921 oder 1922–unbekannt) und Maria Levacovich (1903–unbekannt). Sie alle wurden zwischen Februar und März 1945 nach Bergen-Belsen überführt und dort am 15. April befreit.1Arolsen Archives, ITS Digital Archive, zu Maria Levakovich: 1. Incarceration Documents/1.1 Camps and Ghettos/1.1.35 Ravensbrück Concentration Camp, 0.1/Image vorhanden/_L/L0529/01580, Dok. Nr. 31673684#1; zu Maria Braidich: 6.3.3.2/1100000 …/1119600 …/1119626/2 Inbound/0002, Dok. Nr. 112480198#1; zu Emma Braidich: 6.3.3.2/1040000 …/1054700 …/1054796/3 Outbound/0002, Dok. Nr. 111096061#1; im Buch von Mantelli und Tranfaglia wird die Internierung der drei Frauen in Bergen Belsen nicht erwähnt (Il libro die deportati, Bd. 1, 382).

Befreiung und Zeugenschaft

Nach ihrer Befreiung kehrte Maria Braidich nach Ljubljana zurück und beschloss dann, nach Italien zu gehen, wo sie ihre Kinder wiederfand.

In den 1980er-Jahren zog Maria Braidich in ein von der Stadtverwaltung Udine errichtetes „Nomadenlager“. Dort wurde sie von der Partisanin Rosa Cantoni (1913–2009), ebenfalls eine Überlebende von Ravensbrück, für ein Projekt des Istituto Friulano per la Storia del Movimento di Liberazione (Friulanisches Institut für die Geschichte der Befreiungsbewegung) interviewt.2Associazione Nazionale Ex Deportati nei Campi Nazisti (ANED), Archive ANED, Udine, Interview Maria Braidich vom 10.07.1981, freundlicherweise von Flavio Fabbroni zur Verfügung gestellt. Das Interview wurde 1984 veröffentlicht und zählt damit zu einem der frühen Zeugnisse der Deportation von Rom:nja aus Italien. 2005 berichtete dann Stanka Braidich (1930–2005), eine der Töchter von Maria Braidich, über die Geschichte ihrer Familie dem Historiker Andrea Giuseppini (geb. 1962).3Andrea Giuseppini, Le storie di Stanka e Maria, Il campo di concentramento di Gonars e la deportazione dei rom e dei sinti in Friuli Venezia Giulia durante la Seconda guerra mondiale, AUDIODOC, auszugsweise hörbar: https://tracce.studio/catalogo-generale/audiodocumentari/le-storie-di-stanka-e-maria/ [Zugriff: 19.02.2024]. Todesdatum und -ort von Maria Braidich sind nicht bekannt.

Einzelnachweise

  • 1
    Arolsen Archives, ITS Digital Archive, zu Maria Levakovich: 1. Incarceration Documents/1.1 Camps and Ghettos/1.1.35 Ravensbrück Concentration Camp, 0.1/Image vorhanden/_L/L0529/01580, Dok. Nr. 31673684#1; zu Maria Braidich: 6.3.3.2/1100000 …/1119600 …/1119626/2 Inbound/0002, Dok. Nr. 112480198#1; zu Emma Braidich: 6.3.3.2/1040000 …/1054700 …/1054796/3 Outbound/0002, Dok. Nr. 111096061#1; im Buch von Mantelli und Tranfaglia wird die Internierung der drei Frauen in Bergen Belsen nicht erwähnt (Il libro die deportati, Bd. 1, 382).
  • 2
    Associazione Nazionale Ex Deportati nei Campi Nazisti (ANED), Archive ANED, Udine, Interview Maria Braidich vom 10.07.1981, freundlicherweise von Flavio Fabbroni zur Verfügung gestellt.
  • 3
    Andrea Giuseppini, Le storie di Stanka e Maria, Il campo di concentramento di Gonars e la deportazione dei rom e dei sinti in Friuli Venezia Giulia durante la Seconda guerra mondiale, AUDIODOC, auszugsweise hörbar: https://tracce.studio/catalogo-generale/audiodocumentari/le-storie-di-stanka-e-maria/ [Zugriff: 19.02.2024].

Zitierweise

Paola Trevisan: Maria Braidich, in: Enzyklopädie des NS-Völkermordes an den Sinti und Roma in Europa. Hg. von Karola Fings, Forschungsstelle Antiziganismus an der Universität Heidelberg, Heidelberg 5. März 2024.-

1945
11. Januar 1945In einem Transport von Triest, Italien, über Udine in das Konzentrationslager Ravensbrück, Deutschland, befinden sich neben weiteren Deportierten auch Maria Braidich, Emma Braidich und Maria Levakovich.