Banjica

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Banjica
  • Version 1.0
  • Publikationsdatum 16. Juli 2025

Das Konzentrationslager Banjica, gelegen in einem Vorort von Belgrad und auch bekannt als Anhaltelager Dedinje oder „Konzentrationslager Serbien, Belgrad“, war eines der wichtigsten NS-Lager im deutsch besetzten Serbien und auf dem Balkan. In den vier Jahren seines Bestehens waren dort wahrscheinlich mehr als 30 000 Häftlinge eingesperrt, darunter eine unbekannte Anzahl Rom:nja. Auch wenn die Gesamtzahl der Häftlinge nicht genau ermittelt werden kann, ist das Schicksal von 23 637 von der Lagerverwaltung registrierten Personen bekannt. Während die Staatliche Kommission zur Feststellung von Verbrechen der Okkupanten und ihrer Helfer die Gesamtzahl der getöteten Häftlinge mit 8 756 angibt, liegt die dokumentierte Zahl der Todesopfer bei 4 286; andere Häftlinge wurden entlassen und in verschiedene Lager verlegt.

Errichtung des Lagers

Die Entscheidung, das Lager in Banjica zu errichten, fiel im Juni 1941. Zuvor hatten die deutschen und serbischen kollaborierenden Behörden geplant, die Gebäude eines auf Ada Ciganlija (einer Insel im Fluss Sava) bestehenden Gefängnisses zu nutzen, um politisch missliebige Personen oder Gruppen zu isolieren. Die zuständige Abteilung der Belgrader Spezialpolizei [Specijalna Policija Uprave Grada Beograda] war entsprechend vorbereitet, da sie aus Polizisten und Beamten bestand, die bereits vor Kriegsausbruch die Aufgabe gehabt hatten, Mitglieder der bereits 1921 gesetzlich verbotenen Kommunistischen Partei zu verfolgen, aufzuspüren und zu verhaften.

Als Deutschland die Sowjetunion überfiel, wurden Dragi Jovanović (1902–1946) und die Belgrader Stadtverwaltung mit der Aufgabe betraut, die Gebäude des ehemaligen 18. Infanterieregiments der jugoslawischen Armee zu übernehmen und für die Unterbringung von Gefangenen vorzubereiten. Das Hauptgebäude wurde als Lagerbereich ausgewählt und mit Stacheldraht umgeben. Zusätzlich zur Umfassungsmauer wurden Wachtürme errichtet. Das Lager bestand bis zum Oktober 1944.

Die ersten Häftlingsgruppen kamen am 9. Juli 1941 an, als die baulichen Anpassungen noch nicht abgeschlossen waren. Es handelte sich um kommunistische Partisan:innen, die in den ersten Tagen des am 7. Juli 1941 ausgebrochenen Aufstandes verhaftet worden waren. Das Lager Banjica war in erster Linie für die Internierung von Kommunist:innen, Antifaschist:innen und allen, die Widerstand leisten oder eine Gefahr für die Besatzer und Kollaborateur:innen darstellen könnten, bestimmt.

In den ersten Monaten stand das Lager unter der Kontrolle der deutschen Militärverwaltung in Belgrad. Ab Februar 1942 ging die Zuständigkeit auf den Höheren SS- und Polizeiführer im Gebiet des Militärbefehlshabers der besetzten Gebiete in Serbien, August Meyszner (1886–1947), über. Von den Kommandanten des Lagers hatte der Gestapo-Offizier Willy Friedrich (unbekannt–1947) am längsten diese Funktion inne, der letzte Kommandant war ein Leutnant Becker (Lebensdaten nicht bekannt). Den überlebenden Häftlingen blieben besonders die Grausamkeiten von zwei Personen in Erinnerung: Jene des Adjutanten des Kommandanten, des Volksdeutschen Peter Krieger (Lebensdaten nicht bekannt), und des Lagerarztes, SS-Sturmbannführer Dr. Friedrich Jung (Lebensdaten nicht bekannt), der diejenigen Häftlinge, die einen Hinrichtungsversuch überlebt hatten, durch Erschießen tötete.

Deutsche und serbische Zuständigkeiten

Im Vergleich zu den anderen Lagern im deutsch besetzten Serbien wies das Lager Banjica eine besondere Struktur auf: Während das Kommando in den Händen der Deutschen lag, hatten serbische Kollaborateure über die Stadtverwaltung Belgrad und das Innenministerium die direkte Kontrolle über ein Drittel des Lagers. Lagerverwalter war der Serbe Svetozar Vujković (1899–1949), der vor dem Krieg Inspektor einer für Kommunisten zuständigen Abteilung der Belgrader Polizei gewesen war.

Auch die Bewachung des Lagers unterlag einer doppelten Autorität: Eine Zeit lang wurde sie von der Polizei der Regierung Milan Nedić (1878–1946) sichergestellt, während sie zu anderen Zeiten von der deutschen Ordnungspolizei organisiert wurde. Die serbischen kollaborierenden Behörden hatten die Befugnis, auf eigene Initiative Verhaftungen und Internierungen vorzunehmen, nicht aber, die Inhaftierten freizulassen. Grundlegende Entscheidungen wurden stets von den deutschen Behörden getroffen.

Die Häftlinge

Vor allem in der Anfangszeit wurden auch zahlreiche Juden:Jüdinnen interniert, insgesamt etwa 900 Personen. Darunter waren Menschen, die untergetaucht oder ins Ausland geflohen waren und an die Deutschen ausgeliefert wurden. Neben ihnen und den Kommunist:innen zählten auch Sympathisant:innen anderer politischer Parteien aus der Vorkriegszeit, Mitglieder der Četnik-Bewegung von Draža Mihailović (1893–1946), Rom:nja, Bauern:Bäuerinnen, die ihre an die Behörden abgelieferte Getreidequote nicht erfüllten, Freimaurer und „gewöhnliche Kriminelle“ zu den Häftlingen. Die Häftlinge wurden in Kategorien eingeteilt, wobei die härteste Behandlung den Kommunist:innen und Sympathisant:innen der Befreiungsbewegung vorbehalten war. Sie waren auch die ersten, die für Vergeltungsmaßnahmen (Geiselmorde) ausgewählt wurden. Zeugenaussagen zufolge wurden einige Gruppen von Häftlingen auch mit dem bereits im Lager Sajmište verwendeten Gaswagen getötet.

Häftlinge aus Banjica – einigen Angaben zufolge etwa 7–8.000 – wurden in Konzentrationslager ins Deutsche Reich, darunter Auschwitz, Mauthausen und Ravensbrück, oder als Zwangsarbeiter nach Norwegen und Griechenland geschickt.

Die Anwesenheit von Roma im Lager ist in den Verwaltungsbüchern dokumentiert, in denen in einigen Fällen, insbesondere 1941, die Insassen auch nach ihrer Nationalität registriert wurden, vor allem wenn es sich um Juden oder Roma handelte.

Die ersten Rom:nja wurden Mitte September 1941 interniert. Am 12. September kam es in der Nähe des Dorfes Meljak bei Belgrad zu Zusammenstößen zwischen Partisan:innen und der serbischen Gendarmerie. Serbische Kollaborateure beschuldigten die Rom:nja des Dorfes, den Partisan:innen geholfen zu haben. Eine Gruppe von 15 Roma wurde daraufhin verhaftet und nach Banjica gebracht, wo die Männer einige Tage später bei einer Vergeltungsmaßnahme gegen Partisanen erschossen wurden. Im Oktober wurden weitere Rom:nja einzeln oder in kleinen Gruppen interniert und erlitten das gleiche Schicksal.

Die Namen von 56 Rom:nja sind anhand der Insassenliste des Lagers Banjica bekannt.1Micković et al., Logor Banjica, 26. Es ist jedoch schwierig, die Gesamtzahl der inhaftierten Rom:nja zu ermitteln. Auch ist es schwierig festzustellen, ob sie ausschließlich als Sympathisant:innen von Partisan:innen oder als Folge rassistischer Verfolgung verhaftet wurden, wie es etwa für die Einweisungen in die Lager Topovske šupe oder Sajmište bekannt ist. Dies liegt daran, dass es höchstwahrscheinlich Häftlinge gab, die sich nicht als Rom:nja deklarierten oder die von der Lagerverwaltung nicht als Rom:nja registriert wurden, und zwar auf Grundlage eines Befehls des Militärkommandanten vom 11. Juli 1941, wonach diejenigen, die einen ständigen Wohnsitz und eine Beschäftigung in der Stadt nachweisen konnten, nicht als Zigeuner gelten sollten.

Nach 1945

Nach Kriegsende wurden die Gebäude der Jugoslawischen Nationalarmee übergeben, die dort eine Militärakademie eröffnete. In einem Teil des Hauptgebäudes wurde 1969 ein Museum eingerichtet, das dem Lager gewidmet ist und eine Rekonstruktion eines der Räume beinhaltet, in denen die Häftlinge untergebracht gewesen waren. Das Museum stellt die Grausamkeit des Besatzungsregimes dar und ehrt die Mitglieder der Partisanenbewegung. Anders als beim Lager Sajmište, wird das Lager Banjica in zahlreichen Zeugnissen von Überlebenden erwähnt und ist Gegenstand zahlreicher historischer und autobiografischer Publikationen.

Einzelnachweise

  • 1
    Micković et al., Logor Banjica, 26.

Zitierweise

Milovan Pisarri: Banjica, in: Enzyklopädie des NS-Völkermordes an den Sinti und Roma in Europa. Hg. von Karola Fings, Forschungsstelle Antiziganismus an der Universität Heidelberg, Heidelberg 16. Juli 2025.-

1941
Mitte September 1941Die ersten Rom:nja werden in das Konzentrationslager Banjica im deutsch besetzten Serbien eingewiesen.
1943
25. Mai 1943Die Romni Milica Katić, eine Partisanin im deutsch besetzten Serbien, wird nach monatelanger Haft im Konzentrationslager Banjica hingerichtet.