Arbe

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  • Version 1.0
  • Publikationsdatum 5. März 2024

Mit den Römischen Verträgen vom 18. Mai 1941 wurde die Grenze zwischen dem Königreich Italien und dem Unabhängigem Staat Kroatien festgelegt, und am 7. Juni desselben Jahres wurde die Insel Arbe (Kroatisch: Rab), gelegen in der Kvarner-Bucht (Italienisch: Golfo del Quarnero), Teil der Provinz Fiume (Rijeka) und damit Italiens.

Vom italienischen Heer betriebenes Konzentrationslager

In der Ortschaft Kampor, sechs Kilometer von dem Städtchen Rab entfernt, wurde eines der größten vom italienischen Heer betriebenen Konzentrationslager (campo di concentramento) für Zivilpersonen in den annektierten jugoslawischen Gebieten errichtet. Für das Lager von Arbe war die Intendanz der II. Armee zuständig. Befehlshaber der Armee war Mario Roatta (1887–1968), der nicht nur gegen Partisan:innen, sondern auch gegen die slowenische und kroatische Zivilbevölkerung mit brutalen Repressionsmaßnahmen vorging. Lagerkommandant war der Oberstleutnant der Königlichen Carabinieri Vincenzo Cujuli (1895–1943), der sowohl Soldaten als Carabinieri unter seinem Kommando hatte.

Einweisungen

Zwischen dem 27. und dem 31. Juli 1942 trafen die ersten 1 225 Internierten ein. Die Unterkunft bestand zu dem Zeitpunkt lediglich aus Zelten. Der Bau von Baracken ging sehr langsam voran, sodass viele den Winter in den Zelten verbringen mussten. Alte Menschen, Frauen und Kinder wurden in einem abgetrennten Bereich untergebracht. Später wurden sie in das Lager Gonars in der Provinz Udine verlegt. Im Frühling 1943 wurde ein weiterer Bereich des Lagers fertiggestellt, das zur „Schutzinternierung“ [„internamento protettivo“] von ca. 2 761 Juden:Jüdinnen bestimmt wurde. Es handelte sich dabei um Juden:Jüdinnen, die in den von Italien besetzten und annektierten Gebieten ansässig waren oder die, aus anderen Staaten kommend, dort Zuflucht gesucht hatten. In der Zeit, in der das Lager in Betrieb war, wurden darin außerdem etwa 7 540 nicht jüdische Zivilpersonen interniert, davon waren zwei Drittel Slowen:innen und die übrigen Kroat:innen aus den 1941 in die italienische Provinz Fiume (Rijeka) eingegliederten Gebieten. Die Lebensbedingungen der slowenischen und kroatischen Internierten waren dramatisch insbesondere für diejenigen, die in Zelten untergebracht waren. Die Verpflegung war völlig unzureichend, was unter anderem zur Folge hatte, dass schwangere Frauen oft Totgeburten erlitten.

Im Lager verstorbene Rom:nja

Bis heute verfügen wir nicht über eine vollständige Liste aller im Lager gestorbenen Personen, deren Anzahl nach dem jetzigen Stand der Forschung auf etwa 1 500 Opfer geschätzt wird. Zu den im Lager von Arbe gestorbenen Rom:nja hat Tone Ferenć (1927–2003) im Jahr 2000 eine Übersicht veröffentlicht, die drei Nachnamen enthält. In einer neueren Forschungsarbeit über slowenische Rom:nja hat das Institut für Gegenwartsgeschichte in Ljubljana elf Rom:nja ermittelt, die in Arbe gestorben sind. Von diesen ist lediglich eine Person bereits in Ferenćs Liste aufgeführt. Berücksichtigt man beide Listen, sind derzeit die Namen von 13 Rom:nja bekannt, die das Lager Arbe nicht überlebten. Der Bericht von Maria Braidich (1903 oder 1904–unbekannt), die mit ihrer Familie in Arbe interniert war, bestätigt die dramatischen Lebensbedingungen der Internierten.

Befreiung und Erinnerung

Am 11. September 1943, kurz nach der Bekanntmachung des Waffenstillstands zwischen dem Königreich Italien und den Alliierten, entwaffnete die im Lager bestehende Zelle der Befreiungsfront die italienische Garnison, verhaftete den Lagerkommandanten Cujuli und verurteilte ihn zum Tode. Am 13. September wurde die Brigade Rab mit rund 1 600 Partisanen gebildet. Sie war in fünf Bataillone unterteilt, von denen eines ausschließlich aus Juden bestand. Sie machten sich in Richtung kroatische Küste auf den Weg, um sich dem Vormarsch der deutschen Truppen entgegenzustellen. Im Lager blieben etwa 250 Juden:Jüdinnen, vorwiegend Alte und Kranke, die von den Deutschen in das Lager San Sabba in Triest und von dort nach Auschwitz deportiert wurden. In Erinnerung an alle Opfer des Lagers wurde 1953 ein Gedenkfriedhof errichtet; 1998 wurde auch eine Gedenktafel angebracht.

Zitierweise

Paola Trevisan: Arbe, in: Enzyklopädie des NS-Völkermordes an den Sinti und Roma in Europa. Hg. von Karola Fings, Forschungsstelle Antiziganismus an der Universität Heidelberg, Heidelberg 5. März 2024.-