Hodonin bei Kunstadt

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Hodonin bei Kunstadt
  • Version 1.0
  • Publikationsdatum 29. November 2025

Das ZigeunerlagerHodonin bei Kunstadt wurde in der Nähe des Dorfes Hodonín bei Kunštát (Kreis Blansko) im Protektorat Böhmen und Mähren, dem deutsch besetzten Gebiet der ehemaligen Tschechoslowakei, auf einem Gelände errichtet, auf dem sich zuvor ein ‚Arbeitsstraflager‘ (1940 bis 1942) und ein ‚Anhaltelager‘ (1942) befunden hatten. Das Lager wurde als ‚Zigeunerlager II‘ bezeichnet, um es vom ‚Zigeunerlager I‘ in Lety bei Pisek zu unterscheiden.

Das Lager wurde am 2. August 1942 eröffnet und war offiziell für die Inhaftierung von Zigeunernund Zigeunermischlingenaus Mähren bestimmt. Bei den Häftlingen handelte es sich um Einzelpersonen und ganze Familien von Rom:nja und Sinti:ze, darunter auch Kinder, aber auch um eine gewisse Anzahl von Nichtrom:nja, die nach Ansicht der Behörden wie ‚Zigeuner‘ lebten. Insgesamt durchliefen etwa 1 400 Männer, Frauen und Kinder aller Altersgruppen das Lager. Mehr als 200 von ihnen starben im Lager, während die Mehrheit der Häftlinge nach Auschwitz deportiert wurde.

Kommandant und Stab

Offiziell wurde das Lager von der Landesbehördein Brno verwaltet, doch alle Befugnisse in Bezug auf die Inhaftierung und Entlassung von Personen sowie die Lagerordnung lagen bei der Kriminalzentrale in Prag, die als zentrale Institution für die Verfolgung von Rom:nja und Sinti:ze im Protektorat verantwortlich war.

Das Lager stand unter der Leitung von Štěpán Blahynka (1894–1956), einem ehemaligen tschechischen Gendarmerieleutnant und ehemaligen Kommandanten des Arbeitsstraflagers. Ab Januar 1943, als er in das Lager Lety bei Pisek versetzt wurde, um die Folgen einer Typhusepidemie zu bekämpfen und die Deportation von Häftlingen in das Konzentrations– und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau vorzubereiten, wurde er durch den Verwaltungsoffizier Jan Sokl (1888–unbekannt), ebenfalls ein ehemaliger Gendarmerieleutnant, vertreten. Im Mai 1943 kehrte Blahynka zurück und diente bis zur Schließung des Lagers weiterhin als Lagerkommandant in Hodonin.

Das Personal des Lagers, das ausschließlich aus tschechischen Angestellten bestand, war in uniformierte und nicht uniformierte Mitglieder unterteilt. Das uniformierte Personal bestand aus etwa 40 ehemaligen Gendarmen des Protektorats, die als Wachen dienten. Hinzu kam eine Reihe von Mitarbeiter:innen der zivilen Lagerleitung. Zum nicht uniformierten Personal gehörten einige Zivilist:innen, die in der Kantine für das Verwaltungs- und Aufsichtspersonals beschäftigt waren, der Leiter der Häftlingsküche, der Leiter der Lagerwerkstätten und die Mitarbeiter:innen der Desinfektionsabteilung.

Wie in den Konzentrationslagern gab es ein Element der Häftlingsselbstverwaltung, das vom Lagerkommandanten nach deutschem Vorbild überwacht wurde. Als Kapos wurden Häftlingsfunktionäre, die inoffiziell den Dienstgrad eines Unteroffiziers, Gefreiten oder Gefreiten erster Klasse trugen, zur Leitung der Arbeitskommandos eingesetzt. Sie waren für die Arbeit und die Disziplin der Mitgefangenen innerhalb und außerhalb des Lagers verantwortlich und durften auch körperliche Strafen verhängen.

Einer der Kapos war der Häftling Blažej Dydy (1917–unbekannt), ein Rom, der später auch in Auschwitz-Birkenau als Funktionshäftling eingesetzt wurde. Nach dem Krieg war er die einzige Person, die von einem tschechischen Gericht im Zusammenhang mit den in diesen Lagern begangenen Verbrechen verurteilt wurde. Im Jahr 1947 verurteilte ihn der Außerordentliche Volksgerichtshof in Brno zu lebenslanger Haft.

Ankunft

Nach der Eröffnung des Lagers am 2. August 1942 wurde eine große Zahl von Menschen unmittelbar nach der durchgeführten Registrierung aller ‚Zigeuner, Zigeunermischlinge und nach Zigeunerart lebenden Personen‘ im Protektorat dorthin gebracht. Mithilfe der Gendarmerie kamen die Häftlinge zu Fuß, mit der Bahn über die nahe gelegenen Bahnhöfe in Nedvědice und Skalice nad Svitavou oder in ihren eigenen Wagen ins Lager.

Bei ihrer Ankunft wurden sie mit einer Häftlingsnummer registriert (Mitglieder derselben Familie erhielten in der Regel dieselbe Nummer). Es folgte eine erniedrigende Massen-„Ankunfts-Säuberung“ und die Desinfektion der Kleidung. Die Menschen mussten sich nackt in hölzernen Wasserbottichen im Freien waschen. Außerdem mussten sie sich einer demütigenden Prozedur unterziehen, während derer ihnen sowohl die Scham- als auch Kopfhaare rasiert bzw. kurz geschnitten wurden. Die Personalausweise der Häftlinge, das mitgeführte Geld und andere Gegenstände wurden beschlagnahmt.

Unterkunft, Kleidung und hygienische Bedingungen

Es gab nicht genügend Lagerkleidung für die Häftlinge, sodass in den meisten Fällen nur die Häftlinge, die außerhalb des Lagers Zwangsarbeit leisten mussten, diese erhielten. Frauen und Kinder trugen ihre eigene Kleidung, Männer erhielten Lageruniformen – schwarz gefärbte, ausrangierte Uniformen der tschechoslowakischen Armee. Trotz der Schneiderei und der Schuhmacherei im Lager herrschte vor allem in den Wintermonaten ein Mangel an Kleidung und Schuhen.

Zunächst wurden die Familien gemeinsam in Baracken untergebracht. Später, nachdem neue Blocks gebaut worden waren, wurden Männer und Frauen sofort nach ihrer Ankunft im Lager getrennt und nur die kleinsten Kinder blieben bei ihren Müttern. Zunächst waren drei sehr baufällige, standardisierte Holzbaracken ohne Wärmedämmung für die Häftlinge vorgesehen.

Die Unterbringungskapazität des Lagers betrug 300 Personen im Sommer und nur 200 im Winter. Ende August 1942 befanden sich jedoch bereits mehr als tausend Häftlinge im Lager, sodass einige vorübergehend in beschlagnahmten Wohnwagen und Zelten untergebracht werden mussten. Im Herbst 1942 und im Frühjahr 1943 kamen vier Holzbaracken hinzu, aber auch diese reichten nicht aus und die Unterbringungsbedingungen waren weiterhin katastrophal.

Im bewachten Teil des Lagers befanden sich neben den sieben Unterkunftsbaracken eine Küche für die Häftlinge, eine Krankenstation, eine Isolierbaracke, eine Leichenhalle, ein Wirtschaftsgebäude, Büros und ein Gefängnis, zwei Wachhäuser mit Unterkünften für die Wachleute, eine Waschküche und ein Bad. Hinter dem Holzzaun außerhalb des Lagers befanden sich Gebäude für das Personal: Unterkünfte, Küche, Speisesaal und sogenannte Wochenendhäuser für die Unterbringung der Wachleute im Sommer. Das Lager verfügte weder über eine Wasserversorgung noch über ein Abwassersystem. Der einzige Brunnen in der Umgebung lieferte nur Brauchwasser, das sorgfältig aufbewahrt werden musste, während das Trinkwasser von außen ins Lager gebracht werden musste.

Alltag im Lager und Sanktionen

Der Betrieb des Lagers und das alltägliche Leben im Lager wurden durch die Lagerordnung geregelt, die vom Generalkommandanten der nicht uniformierten Protektoratspolizei erlassen wurde. Die Lagerordnung schränkte unter anderem die Bewegungsfreiheit im Lager sowie die Nutzung von Heizung und Abendlicht in den einzelnen Baracken ein. Der Tag endete um 20.00 Uhr, ein späteres Verlassen der Baracken wurde bestraft. In der Freizeit war es den Häftlingen verboten, sich hinzulegen, laute Gespräche zu führen, lärmende Spiele zu spielen oder Romanes zu sprechen. Sie waren verpflichtet, mit ihren Vorgesetzten und untereinander nur Deutsch zu sprechen.

Abgesehen von der Arbeit außerhalb des Lagers hatten die Häftlinge fast keinen Kontakt zu ihrer Umgebung. Besuche waren strengstens untersagt, und pro Monat konnten die Häftlinge mit Genehmigung der Leitung und unter strenger Kontrolle höchstens zwei Briefe versenden und empfangen oder ein Paket mit Lebensmitteln von bis zu drei Kilogramm erhalten.

Verstöße gegen die Lagerordnung wurden so geahndet, dass sie andere abschreckten. Verstöße konnten vom Kommandanten oder seinem Stellvertreter durch Verweis, Entzug von Vergünstigungen, Zuweisung zu schwerer oder unangenehmer Arbeit oder Unterbringung im Lagergefängnis nach der Arbeitszeit geahndet werden. Bei Vergehen wurden die Häftlinge dem Bezirksgericht in Kunstadt vorgeführt, dort inhaftiert oder in die ‚Vorbeugehaft‘ der Kriminalpolizeidirektion in Brno eingewiesen, von wo aus sie in einen der Transporte von als ‚Asoziale‘ stigmatisierten Personen, die für das Konzentrationslager Auschwitz I bestimmt waren, aufgenommen werden konnten.

Ernährung

Die Häftlinge erhielten dreimal täglich Nahrung, allerdings nur in geringstmöglicher Menge, was zu schwerer Unterernährung führte, insbesondere bei Kindern. Aufgrund der unzureichenden Lebensmittelversorgung und der Nichteinhaltung der offiziell festgelegten Rationen herrschte im Lager großer Hunger. Dies hing auch mit dem Diebstahl der Lebensmittelvorräte des Lagers durch Mitarbeiter:innen der zivilen Lagerleitung zusammen. Natürlich begingen auch Häftlinge aus Hunger und Selbsterhaltungsbedürfnis Diebstähle, wenn sie konnten. Häftlinge, die in der Küche oder in der Gefängnisverwaltung arbeiteten, konnten sich besser mit Lebensmitteln versorgen.

Zwangsarbeit

„Umerziehung durch Arbeit“ war einer der offiziell verkündeten Gründe für die Konzentration von ‚Zigeunern‘ im Lager. Die Häftlinge erhielten keinen Lohn für ihre Arbeit – dieser wurde zur Finanzierung des Lagerbetriebs verwendet. Nach der Lagerordnung mussten alle Häftlinge, auch die Kinder, je nach ihren Kräften und Fähigkeiten innerhalb oder außerhalb des Lagers arbeiten. Die Arbeitszeit wurde auf acht bis zehn Stunden pro Tag festgelegt (je nach Jahreszeit). Die arbeitsfähigen Häftlinge wurden in Gruppen von Männern, Frauen und Jugendlichen eingeteilt.

Im Lager selbst wurde hauptsächlich in der Gefängnisküche, der Wäscherei und den Schneider- und Schuhmacherwerkstätten gearbeitet. Die Außenarbeitsplätze befanden sich entlang der Baustelle der neuen Fernverkehrsstraße von Pilsen [Plzeň] nach Mährisch Ostrau [Moravská Ostrava]. Es handelte sich vor allem um Arbeiten im Steinbruch, bei denen Steine auf Karren geladen, transportiert, abgeladen und von Hand zu Schotter zerkleinert wurden. Die Häftlinge wurden auch bei Aushubarbeiten und der Beseitigung von Erdreich sowie gelegentlich auf den Feldern der örtlichen Bauernhöfe eingesetzt.

Anastázie Bystřická (1924–unbekannt) erinnerte sich nach dem Krieg, wie sie zusammen mit anderen Häftlingen – Männern, Frauen und Kindern – im Straßenbau arbeiten musste. Als ihr schwer beladener Wagen umkippte, wurde sie sofort mit einem Knüppel geschlagen, sodass sie mehrere Tage arbeitsunfähig war.

Krankheit und Tod

Die medizinische Überwachung des Lagers wurde von dem tschechischen Arzt Josef Habanec (1897–1972) aus der nahe gelegenen Stadt Olešnice wahrgenommen. Im Januar 1943 wurde der jüdische Arzt Alfréd Mílek (1899–unbekannt) im Zusammenhang mit einer Typhusepidemie dem Lager zugeteilt. Nach seiner Deportation nach Auschwitz (er überlebte die Inhaftierung) wurde er im Juli durch den jüdischen Arzt Michal Bohin (1895–1956) ersetzt, der aus dem aufgelösten ‚Zigeunerlager‘ in Lety hierher verlegt wurde (nach der Liquidierung des Lagers in Hodonin wurde er nach Theresienstadt und weiter ins KZ Mauthausen deportiert).

Die Gefangene Marie Ondrášová (1926–unbekannt) wurde als Lagerkrankenschwester und Assistentin des medizinischen Personals ausgewählt. Obwohl sie keine medizinische Ausbildung hatte, wurde sie mit der Pflege der Häftlinge betraut und half auch bei Geburten. Nach der Massendeportation von Häftlingen nach Auschwitz wurde sie im September 1943 mit ihrer Familie entlassen und überlebte bis zum Kriegsende.

Ungeeignete Arbeits-, Unterbringungs-, Ernährungs- und Hygienebedingungen führten zu häufigen und chronischen Krankheiten und einer hohen Sterberate unter den Häftlingen. Am stärksten betroffen waren Kinder, die im Falle des Lagers Hodonin fast 30 Prozent der Gesamtzahl der Häftlinge ausmachten. Von den 35 Kindern, die im Lager geboren wurden, starben etwa 20 und von den übrigen überlebten nur zwei bis zum Kriegsende.

Unter den Häftlingen herrschten Krankheiten der oberen Atemwege, Hautinfektionen, Tuberkulose und Typhus; die Kinder litten unter Lungenentzündung, Entzündungen der Darmschleimhaut, Masern usw. Der Höhepunkt der katastrophalen Lebensbedingungen im Lager war der Ausbruch von Typhus zur Jahreswende 1942/43, der zur häufigsten Todesursache der Häftlinge wurde. Zunächst wurden die Kranken in das Bezirkskrankenhaus in Brno gebracht, doch nach Ausbruch der Epidemie wurden sie in der Krankenstation des Lagers oder in speziellen Isolierbaracken untergebracht.

Die toten Häftlinge wurden zunächst auf dem städtischen Friedhof im nahe gelegenen Dorf Černovice (73 Personen, zumeist Kinder, wurden in dem für Nichtgläubige reservierten Teil des Friedhofs beigesetzt) und dann auf dem provisorischen Lagerfriedhof in der Nähe des Lagers in Massengräbern und ohne religiöse Zeremonien bestattet (121 Personen). Trotz der getroffenen Maßnahmen hielt die Typhusepidemie an, sodass ab Februar 1943 eine strenge Quarantäne über das Lager verhängt wurde.

Insgesamt überlebten 207 Personen die Inhaftierung im Lager nicht. Von ihnen starben 194 im Lager und die übrigen während ihres Aufenthalts in den Krankenhäusern in Brno.

Entlassung und Flucht

Obwohl die Inhaftierung in den ‚Zigeunerlagern‘ offiziell unbefristet war, gab es eine begrenzte Möglichkeit der Entlassung, die zu Beginn des Bestehens des Lagers im Zusammenhang mit seiner Überfüllung und später im Zusammenhang mit seiner Auflösung genutzt wurde. Während des Bestehens des Lagers wurden ca. 250 bis 260 Personen entlassen. Einige Häftlinge wurden offenbar auch aufgrund von Korruption und Bestechung freigelassen. Die meisten der offiziell Entlassenen wurden jedoch bald wieder verhaftet und nach Auschwitz-Birkenau deportiert.

Eine andere Möglichkeit war die Flucht aus dem Lager. Das Lagergelände war von einem zwei Meter hohen Zaun aus Holzbohlen mit einem Aufbau aus Stacheldraht umgeben und wurde ständig von Wachleuten mit Diensthunden bewacht. Die Bedingungen für die Flucht waren also an den außerhalb des Lagers gelegenen Arbeitsorten besser, wo einige Häftlinge sogar übernachteten. Wurden die Flüchtenden gefasst, kamen sie in das Gefängnis der Kriminalpolizeidirektion in Brno und wurden dann in der Regel in den Transport der ‚Asozialen‘ in das Konzentrationslager Auschwitz I aufgenommen. Während des Bestehens des Lagers unternahmen etwa 70 Häftlinge einen Fluchtversuch, und etwa einem Fünftel gelang es, sich der Gefangennahme zu entziehen.

So gelang beispielsweise am 10. Mai 1943 einer Gruppe von vier Männern die Flucht aus dem Lager, mit jeweils unterschiedlichem Ausgang. Bohuslav Dydy (1925–1943) wurde während der Flucht sofort erschossen. Der Häftlingsfunktionär Blažej Dydy (1917–unbekannt) wurde gefangen genommen und später nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Ludvík Murka (1908–1944) wurde im November 1943 gefangen genommen und im Juni 1944 in einem Gefängnis in Prag hingerichtet. Sein Bruder Antonín Murka (1923–1989) konnte sich verstecken, schloss sich später der Widerstandsbewegung an, leitete eine kleine Partisanengruppe und wurde nach dem Krieg mehrfach für seine Widerstandstätigkeit ausgezeichnet.

Deportation

Die Lager Hodonin bei Kunstadt und Lety bei Pisek dienten als Zwischenstation für die Deportation von Rom:nja und Sinti:ze in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Insgesamt wurden etwa 850 Kinder, Frauen und Männer aus Hodonin dorthin deportiert. Der erste Transport fand am 7. Dezember 1942 auf Grundlage des Erlasses zur ‚vorbeugenden Verbrechensbekämpfung‘ statt, der die Deportation von als ‚Asoziale‘ bezeichneten Personen anordnete. Der Transport bestand aus 78 meist alten männlichen und weiblichen Häftlingen, von denen die meisten in den ersten zwei Monaten ihres Aufenthalts im Konzentrationslager Auschwitz I starben.

Die Vorbereitungen für den zweiten und größten Massentransport begannen im Zuge des Auschwitz-Erlasses im Dezember 1942. Der geplante Transport der Häftlinge nach Auschwitz-Birkenau verzögerte sich jedoch aufgrund der Quarantäne, die wegen des Typhusausbruchs über das Lager verhängt worden war. Zur Vorbereitung des Transports führten Vertreter der deutschen Kriminalpolizei aus Brno, vor allem Kriminalhauptkommissar Franz Herzig (Lebensdaten nicht bekannt), mithilfe der Kriminalpolizeidirektion Brünn eine Selektion durch. Auf der Grundlage dieser Selektion wurden einige Häftlinge, die als „rassische Nichtzigeuner“ bezeichnet wurden, anschließend entlassen. Am 21. August 1943 wurden 750 Häftlinge per Güterzug nach Auschwitz-Birkenau deportiert, wo die meisten von ihnen nach und nach umkamen oder Anfang August 1944 ermordet wurden.

Božena Jochová (1935–unbekannt), deren Familie im Lager umgekommen war, versteckte sich vor dem Transport im August 1943. Nach der Deportation wurde sie entdeckt; die Lagerköchin brachte sie in die nahe gelegene Stadt Olešnice und kümmerte sich bis zum Ende des Krieges um sie. Das Lager wurde am 30. September 1943 aufgelöst, aber erst am 1. Dezember 1943 offiziell geschlossen. Nach der Abfahrt des zweiten Transports im August 1943 verblieb nur noch eine Gruppe von etwa 60 Häftlingen im Lager. Einige von ihnen wurden in ein Zwangsarbeitslager in Brno gebracht, andere wurden entlassen. Der letzte Transport von Häftlingen aus Hodonin nach Auschwitz bestand aus etwa 30 Personen, die nach der Auflösung des Lagers Reinigungsarbeiten verrichten mussten. Am 27. Januar 1944 wurden sie einem Massentransport von als ‚asozial‘ bezeichneten Personen hinzugefügt und von Pardubice aus in das Konzentrationslager Auschwitz I gebracht.

Nach der Auflösung des ‚Zigeunerlagers‘ in Hodonin wurde das Gelände von einer Zweigstelle des ‚Arbeitserziehungslagers‘ aus dem nahe gelegenen Dorf Mladkov und einem Ausbildungszentrum für Wehrmachtsoldaten vor ihrem Einsatz an der Front genutzt.

Das Lagergelände in den Jahren 1945–1989

Nach der Befreiung im Frühjahr 1945 wurde das Lager vorübergehend von der rumänischen Armee besetzt und beherbergte auch ein Krankenhaus für verwundete Soldaten der Roten Armee. Von Dezember 1945 bis Oktober 1946 diente es als Sammelstelle für Angehörige der deutschstämmigen Bevölkerung vor deren Abtransport aus der Tschechoslowakei. Von den insgesamt 80 Opfern dieser Einrichtung sind 48 auf dem Massenfriedhof des Lagers begraben, wo 1946 ein Holzkreuz errichtet wurde.

In den Jahren 1949 bis 1950 wurde auf dem Gelände ein Zwangsarbeitslager für ‚Feinde des kommunistischen Regimes‘ betrieben. Ein kleiner Stein mit der eingemeißelten Inschrift „Žalov obětí nacismu“ [Ort der Trauer um die Opfer des Nationalsozialismus], der sich noch auf dem Lagerfriedhof befindet, stammt wahrscheinlich aus dieser Zeit. Er wurde von unbekannter Hand angefertigt, wahrscheinlich von einem der Häftlinge des Zwangsarbeitslagers. Später wurde der Name „Žalov“ für das Areal verwendet, wodurch die Kriegsgeschichte dieses Ortes im mündlichen Gedächtnis bewahrt wurde.

Nach der Auflösung des Zwangsarbeitslagers wurde das Gelände viele Jahre lang als betriebliche Erholungseinrichtung und als Ferienlager für Kinder genutzt. An der Stelle der ursprünglichen Gebäude wurden Unterkunftshütten aufgestellt und das Gelände wurde nach und nach durch weitere Einrichtungen (Spielplatz, Schwimmbad usw.) ergänzt. Die einzige öffentliche Gedenkveranstaltung, die dort stattfand, wurde im März 1973 von der Kommission der ehemaligen KZ-Häftlinge der Verbände der Zigeuner-Roma organisiert.

Das Lagergelände nach 1989

Das Gelände des ehemaligen Lagers wurde auch nach 1989, als es in Privatbesitz überging, für Erholungszwecke genutzt. Das Museum der Roma-Kultur in Brno sowie andere romani und nicht romani Organisationen und Einzelpersonen machten seit Langem auf die Unangemessenheit der Förderung von Freizeitaktivitäten auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers aufmerksam. Die Diskussion über dieses Lager stand jedoch im Schatten des Lagers Lety bei Pisek, das in der Öffentlichkeit besser bekannt war.

Die hiesige Tradition des Gedenkens wurde 1995 vom Museum der Roma-Kultur mit der Organisation einer Gedenkveranstaltung begonnen, die dort jedes Jahr im August stattfindet. 1997 enthüllte das Museum der Roma-Kultur ein neues, vom romani Steinmetz Eduard Oláh (1955–2018) geschaffenes Denkmal auf dem Gelände des Lagerfriedhofs (2013 wurde der Friedhof zum staatlichen Kulturdenkmal erklärt). 1998 weihte das Museum der Roma-Kultur in Zusammenarbeit mit den Gemeindebehörden in Hodonín bei Kunštát und Černovice eine von der romani Künstlerin Božena Vavreková-Přikrylová (geb. 1978) geschaffene Gedenktafel auf dem Gemeindefriedhof in Černovice über den noch immer nicht gekennzeichneten Gräbern der Lageropfer ein.

Im Dezember 2009 wurde der Komplex dank der langjährigen Bemühungen des Museums der Roma-Kultur sowie von Aktivist:innen aus der Community und darüber hinaus, vom tschechischen Staat erworben. 2012 wurde das Nationale Pädagogische Museum und die Bibliothek von J. A. Comenius in Prag mit der Verwaltung der Anlage betraut und begann mit dem Bau der Gedenkstätte. Die beiden einzigen während des Krieges errichteten Gebäude (Häftlingsbaracken und Wachbaracken) wurden für die künftige Dauerausstellung rekonstruiert. Auf der Grundlage eines Architekturwettbewerbs für Studierende der Architekturfakultäten tschechischer Universitäten (2013–2014) wurde die Gedenkstätte in den folgenden Jahren unter anderem um neue Besucher- und Ausstellungsgebäude ergänzt.

Seit 2018 wird die „Gedenkstätte für den Holocaust an den Roma und Sinti in Mähren“ vom Museum der Roma-Kultur in Brno verwaltet, das die Dauerausstellung fertiggestellt hat (Eröffnung für die Öffentlichkeit im Sommer 2021) und dort regelmäßig Gedenk- und andere Veranstaltungen durchführt.

Entschädigung

In der Tschechoslowakei gab es die Möglichkeit der Rehabilitation und Entschädigung für überlebende Rom:nja nach dem Gesetz 255/1946 Slg. Dieses Gesetz sah die soziale Unterstützung von Teilnehmer:innen am „nationalen Befreiungskampf“ vor, eine Kategorie, die auch Personen umfasste, die aufgrund ihrer Nationalität, Ethnie oder Religion inhaftiert waren. Nach 1989 bot das Gesetz Nr. 217/1994 Slg. mit seinen Pauschalzahlungen die erste Möglichkeit einer finanziellen Entschädigung für die Opfer der NS-Verfolgung. Neben den Überlebenden konnten auch die Angehörigen der Opfer eine Entschädigung beantragen.

Seit Ende der 1990er-Jahre wurden Entschädigungen auch auf der Grundlage der Programme des Schweizerischen Humanitären Fonds für die Opfer des Holocaust, der deutschen Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (Stiftung EVZ, über die Partnerorganisation Tschechisch-Deutscher Zukunftsfonds) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) gewährt.

Historiografie

Die tschechische Geschichtsschreibung der Nachkriegszeit befasste sich nur sporadisch und am Rande mit dem nationalsozialistischen Genozid an den Rom:nja und Sinti:ze. Der Historiker Ctibor Nečas (1933–2017) war der erste, der Anfang der 1970er-Jahre eine systematische Untersuchung der Geschichte der Lager vornahm. Seine Arbeit zur Veröffentlichung der Listen der Häftlinge der ‚Zigeunerlager‘ Lety bei Pisek und Hodonin bei Kunstadt (1987) war bahnbrechend. Die meisten seiner Texte konnte er jedoch erst nach 1989 veröffentlichen, als die veränderten politischen und gesellschaftlichen Bedingungen zur Entwicklung der Forschungs- und Publikationstätigkeit und zur Einbeziehung anderer jüngerer Forscher:innen wie Jana Horváthová (geb. 1967) und Petr Lhotka (geb. 1973) führten. Seit den 1970er-Jahren, vor allem aber in den 1990er-Jahren, wurden auch Zeugenaussagen ehemaliger Häftlinge veröffentlicht (Nemůžeme zapomenout. Naťi bisteras, 1994; …to jsou těžké vzpomínky, 2021).

Zitierweise

Michal Schuster: Hodonin bei Kunstadt, in: Enzyklopädie des NS-Völkermordes an den Sinti und Roma in Europa. Hg. von Karola Fings, Forschungsstelle Antiziganismus an der Universität Heidelberg, Heidelberg 29. November 2025.-

1942
15. Juli 1942In der Kriminalzentrale in Prag (Protektorat Böhmen und Mähren, deutsch besetzte tschechische Länder) gibt August Lyss Anweisungen zur Organisation der „Zigeunerlager“ und zur Behandlung ihrer Insass:innen heraus.
1. – 3. August 1942Im Protektorat Böhmen und Mähren (deutsch besetzte böhmische Länder) werden als „Zigeuner“ definierte Personen registriert.
2. August 1942Im Protektorat Böhmen und Mähren (deutsch besetzte tschechische Länder) werden die „Zigeunerlager“ Lety bei Pisek und Hodonin bei Kunstadt in Betrieb genommen. In den ersten Tagen werden mehr als tausend Menschen in jedes Lager verschleppt.
30. September 1942Die Besatzungsbehörden erlassen für die Zigeunerlager“ Lety und Hodonin (Protektorat Böhmen und Mähren, deutsch besetzte tschechische Länder) eine offizielle Lagerordnung.
2. – 7. Dezember 1942Der erste Transport von Sinti und Roma aus dem „Zigeunerlager” in Hodonin bei Kunstadt, Protektorat Böhmen und Mähren (deutsch besetzte tschechische Länder), zum Konzentrationslager Auschwitz I (deutsch annektiertes Polen) erfolgt auf Grundlage des Befehls zur „vorbeugenden Verbrechensbekämpfung”. Der Transport umfasst 78 überwiegend alte männliche und weibliche Häftlinge.
16. Dezember 1942„Auschwitz-Erlass“: Heinrich Himmler, Chef der Schutzstaffel („Reichsführer-SS“), des Reichssicherheitshauptamtes und des SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes, ordnet die Deportation von Sinti:ze und Rom:nja aus dem Deutschen Reich in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau an.
1943
17. Februar 1943Wegen der Ausbreitung von Fleckfieber und Typhus unter den Häftlingen wird das „Zigeunerlager“ Hodonin bei Kunstadt im Protektorat Böhmen und Mähren (deutsch besetzte tschechische Länder) unter Quarantäne gestellt.
10. Mai 1943Vier Roma fliehen aus dem „Zigeunerlager“ Hodonin bei Kunstadt, Protektorat Böhmen und Mähren (deutsch besetzte tschechische Länder). Bohuslav Dudy wird erschossen, Blažej Dydy später in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau (deutsch annektiertes Polen) deportiert (er überlebt), Ludvík Murka später in Prag hingerichtet. Antonín Murka taucht unter und schließt sich der Widerstandsbewegung an (er überlebt).
22. August 1943Etwa 770 Männer, Frauen und Kinder, hauptsächlich Häftlinge des „Zigeunerlagers“ Hodonin bei Kunstadt, werden im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau (deutsch annektiertes Polen) registriert. Sie wurden mit dem fünften Deportationszug aus dem Protektorat Böhmen und Mähren (deutsch besetzte tschechische Länder) auf der Grundlage des „Auschwitz-Erlasses“ deportiert.
30. September 1943Das „Zigeunerlager“ Hodonin bei Kunstadt im Protektorat Böhmen und Mähren (deutsch besetzte tschechische Länder) wird aufgelöst, aber erst am 1. Dezember 1943 offiziell geschlossen.
1944
28. Januar 1944Auf der Grundlage des „Auschwitz-Erlasses“ trifft der siebte Deportationszug aus dem Protektorat Böhmen und Mähren (deutsch besetzte tschechische Länder) mit ca. 60 Personen im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau (deutsch annektiertes Polen) ein.
1973
18. März 1973Die Kommission der ehemaligen Opfer von Konzentrationslagern des tschechischen Verbandes der Zigeuner-Roma organisiert die erste öffentliche Gedenkfeier am Ort des ehemaligen „Zigeunerlagers“ in Hodonín bei Kunštát.
1995
20. August 1995Das Museum der Roma-Kultur veranstaltet in Hodonín bei Kunštát (Tschechische Republik) die erste offizielle Gedenkfeier im ehemaligen „Zigeunerlager“.
1997
17. August 1997Das Museum der Roma-Kultur (Tschechische Republik) enthüllt ein Denkmal auf dem Massenfriedhof für die Insass:innen des ehemaligen „Zigeunerlagers“ in Hodonín bei Kunštát.
1998
16. Mai 1998Das Museum der Roma-Kultur (Tschechische Republik) enthüllt in Zusammenarbeit mit den Gemeindebehörden von Hodonín bei Kunštát und Černovice eine Gedenktafel auf dem Gemeindefriedhof in Černovice über den noch nicht gekennzeichneten Gräbern der Opfer des ehemaligen „Zigeunerlagers“ in Hodonín bei Kunštát.
2009
28. Dezember 2009Der tschechische Staat erwirbt über das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport in Hodonín bei Kunštát das Gelände des ehemaligen „Zigeunerlagers“ von einem Privateigentümer.
2013
16. August 2013Der Massenfriedhof der Insassen des ehemaligen „Zigeunerlagers“ in Hodonín bei Kunštát wird dank der Initiative des Museums für Roma-Kultur (Tschechische Republik) zum staatlichen Kulturdenkmal erklärt.
2018
25. Januar 2018Das Museum der Roma-Kultur (Tschechische Republik) wird Verwalter der Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen „Zigeunerlagers“ in Hodonín bei Kunštát.
2021
15. Juli 2021Das Museum der Roma-Kultur (Tschechische Republik) eröffnet in Hodonín bei Kunštát eine Gedenkstätte mit einer Dauerausstellung auf dem Gelände des ehemaligen „Zigeunerlagers“ für die Öffentlichkeit.