Am 15. Januar 1944 wurden knapp über 1 000 Menschen in Viehwaggons verladen. Zwei Züge, ‚Transport XXIII‘ und ‚Transport Z‘, verließen das SS-Sammellager in der Kaserne Dossin in Mechelen im deutsch besetzten Belgien. Ihr Ziel war das Konzentrations– und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Die Deportationszüge für Jüdinnen und Juden wurden in Mechelen mit römischen Zahlen nummeriert. Der Transport für die Sinti:ze und Rom:nja erhielt keine Nummer, sondern den Buchstaben ‚Z‘.
Der ‚Transport Z‘ darf nicht mit drei anderen Sondertransporten verwechselt werden, die ebenfalls mit dem Buchstaben ‚Z‘ bezeichnet wurden. In diesen Transporten vom 13. Dezember 1943 und 19. April 1944 wurden 146 Juden:Jüdinnen mit besonderen Nationalitäten (vor allem türkische und ungarische Staatsbürger:innen) in die Konzentrationslager Ravensbrück, Buchenwald und Bergen-Belsen deportiert.
Mit dem ‚Transport XXIII‘ wurden 654 Juden:Jüdinnen, mit dem ‚Transport Z‘ 352 Rom:nja und Sinti:ze deportiert. Die beiden Zugteile waren streng voneinander getrennt. In jedem Güterwaggon wurden mehr als 50 Männer, Frauen und Kinder zusammengepfercht, ohne Toiletten, mit unzureichender Wasserversorgung und Nahrung. Antoine Lagrené (1931–2020), einer der wenigen Überlebenden dieses Transports, erinnerte sich: „Bei der Abfahrt standen deutsche Soldaten vor den Waggons. Wir waren ungefähr 50 Personen pro Waggon. Das dauerte mehrere Tage. Drei oder vier? […] Es gab einen Krug mit Brei für die Kinder. Ich weiß nicht mehr, was wir zu essen bekamen.“1Privatarchiv von Monique Heddebaut, Interview mit Antoine Lagrené, durchgeführt von Monique Heddebaut, 05.11.2005. Die Zugfahrt dauerte drei Tage. Am 17. Januar 1944 erreichten die Deportierten Auschwitz-Birkenau.
Ankunft in Auschwitz-Birkenau
Während die jüdischen Deportierten bei der Ankunft selektiert wurden – entweder zur Einweisung ins Lager oder den sofortigen Mord in den Gaskammern –, wurden die Rom:nja und Sinti:ze registriert, tätowiert und in den Lagerbereich BIIe in Auschwitz-Birkenau eingewiesen. Die Neuankömmlinge wurden in den Blocks unter Quarantäne gestellt, ihnen war 40 Tage lang das Verlassen des Blocks verboten. Jacqueline Vadoche, die am 11. Dezember 1943 in Mechelen in Gefangenschaft geboren worden war, war erst 35 Tage alt, als sie deportiert wurde. Bei der Ankunft in Auschwitz wurde auch dem Neugeborenen eine Häftlingsnummer (Z 9825) tätowiert. Ihr Tod in Auschwitz-Birkenau wird auf den 1. Mai 1944 datiert.
Durch den Vergleich der ‚Transportliste Z‘ mit dem überlieferten Häftlingsverzeichnis des Lagerbereichs BIIe (Hauptbuch des „Zigeunerlagers“ Auschwitz-Birkenau) kann festgestellt werden, dass 352 Personen in diesen Zug eingestiegen sind, obwohl nur 351 Namen auf der Liste verzeichnet sind. Jeanne Conens, alias Royenne Jeanne Vados (1907–1944), geboren in Arlon und gestorben in Auschwitz, wurde in Birkenau als Z 9.859 registriert, ist aber nicht auf der ‚Transportliste Z‘ aufgeführt, während Georgette Hédouin (1943–1944), geboren am 22. Juni 1943, während des Transports verstarb. Sie ist nicht im Häftlingsregister verzeichnet. Unter den Deportierten befanden sich drei weitere schwangere Frauen, deren Kinder im Lager in Birkenau geboren wurden.
Lageralltag und Deportationen in andere Konzentrationslager
Das ‚Zigeunerfamilienlager‘ in Birkenau war ein Ort unaussprechlichen Leids und besonders unmenschlicher Überlebensbedingungen. Durch mangelnde Sanitäranlagen und unzureichende Ernährung waren die Häftlinge epidemischen Krankheiten wie Typhus, Krätze, Ruhr und Noma ausgesetzt. An Frauen und Kindern wurden Medizinverbrechen begangen. Innerhalb der ersten drei Monate in Birkenau waren bereits über hundert Deportierte des ‚Transport Z‘ verstorben. Im Februar 1944 wurden 14 Todesfälle registriert, im März 58 und im April 32. Von Mai bis Juli 1944 lag der Durchschnitt bei 17 Todesfällen pro Monat. Diese Informationen sind jedoch unvollständig, da das Häftlingsregisterstark beschädigt und daher teilweise unleserlich ist.
Die Häftlinge, die noch zur Zwangsarbeit herangezogen werden konnten, wurden in andere Konzentrationslager verlegt, meist über Ravensbrück (Frauen) und Buchenwald, von wo aus sie in andere Lager, etwa Mittelbau-Dora, überstellt wurden. Deportierte des ‚Transport Z‘ konnten in drei Transporten von Birkenau in andere Lager identifiziert werden. Am 15. April 1944 gehörten 34 von ihnen zu einer Gruppe von 884 Männern, die nach Buchenwald und später nach Mittelbau-Dora geschickt wurden. Am selben Tag wurden 473 Frauen nach Ravensbrück überstellt, darunter mindestens 17 Deportierte des ‚Transport Z‘. Viele von ihnen wurden in den Außenlagern zur Zwangsarbeit in der Rüstungsproduktion für die Hugo Schneider AG (HASAG) in Altenburg, Schlieben, Taucha und Leipzig gezwungen.
Am 24. Mai 1944 verließen zwei weitere Konvois Auschwitz-Birkenau. 144 Frauen wurden nach Ravensbrück und 82 Männer in das Konzentrationslager Flossenbürg überstellt. Fünf Frauen und ein Mann des ‚Transport Z‘ konnten auf den Transportlisten identifiziert werden. Alle sechs überlebten Lagerhaft und Zwangsarbeit.
Weitere Deportationen und Morde: 2. und 3. August 1944
Am 2. August führte die SS (Schutzstaffel) in Auschwitz-Birkenau eine letzte Selektion durch, bei der 1 408 Männer, Frauen und Kinder in Güterwaggons nach Buchenwald gebracht wurden. Mindestens 13 Rom:nja und Sinti:ze, die aus Mechelen deportiert worden waren, waren darunter. Nach der Abfahrt des Zuges isolierte die SS den Lagerbereich BIIeund ermordete die übrigen Häftlinge in den Gaskammern.
Nach der Befreiung
Von den 352 Personen, die mit dem ‚Transports Z‘ von Mechelen aus deportiert worden waren, überlebten nur 32. 15 Männer, elf Frauen und sechs Kinder unter 15 Jahren, darunter zwei Mädchen, wurden in den Konzentrationslagern 1945 befreit. Viele waren so geschwächt, dass sie zunächst mehrere Monate in Krankenhäusern verbringen mussten, bevor sie nach Frankreich oder Belgien repatriiert werden konnten. Die letzten kehrten erst Ende August 1945 zurück.
Die 33 überlebenden Sinti:ze und Rom:nja aus Belgien und Nordfrankreich, die aus Mechelen deportiert worden waren, gingen in der Masse der 30 000 repatriierten politischen Gefangenen und Widerstandskämpfer:innen unter. Sie waren isoliert, ihre Familien waren dezimiert und ihre sozialen Strukturen waren zerstört. Ihr Besitz, ihre Tiere, Musikinstrumente oder Wohnwagen waren von den Besatzern geraubt oder verkauft worden. Nach ihrer Rückkehr mussten sie sich ohne jegliche Hilfe von außen wieder ein neues Leben aufbauen.