Sachsenhausen

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Sachsenhausen
  • Version 1.0
  • Publikationsdatum 3. Februar 2025

Das Konzentrationslager Sachsenhausen bei Oranienburg, gelegen 25 Kilometer nördlich von Berlin, Deutschland, wurde im Sommer 1936 im Zuge der Umstrukturierung des Lagersystems gegründet. Als erstes von einem Architekten geplantes Konzentrationslager hatte es von 1936 bis 1941 eine Schlüsselrolle im KZ-System inne. Unter den Häftlingen befanden sich bis 1945 mindestens 1 000 Sinti:ze und Rom:nja, die überwiegende Mehrheit von ihnen waren Männer.1Die Recherche zu diesem Text erfolgte im Rahmen eines Forschungsprojektes des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg. Im Text werden gegenderte Formen verwendet, wenn die Anwesenheit von Frauen mit gemeint ist. Dabei soll nicht ausgeschlossen werden, dass sich einige der als Männer Verhafteten anders definiert haben.

Das Lager 1936 bis 1945

Ausschlaggebend für die Lagergründung war die Lage des Ortes Oranienburgs in der Nähe von Berlin und seine gute Anbindung an den S-Bahn-, Straßen- und Schiffsverkehr sowie eine entgegenkommende Stadtverwaltung. Sachsenhausen wurde zum bevorzugten Ziel von Verschleppungen aus Norddeutschland, Pommern, Ostpreußen und des größten Teils des heutigen Nordrhein-Westfalens.

Sachsenhausen war ein Neubau, der die Dimensionen bisheriger Konzentrationslager übertraf. Entsprechend wurden Häftlinge aus den kleineren Konzentrationslagern hier zusammengelegt. Der Entwurf des SS-Architekten Bernhard Kuiper (1907–1988) sah eine Dreiecksstruktur des Häftlingslagers vor, die auf den Turm A als zentralen Wachturm ausgerichtet war.

Bis Mitte 1938 waren die Häftlinge hauptsächlich wegen politischer Gegnerschaft oder als sogenannte „Berufsverbrecher“ im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert, ab Kriegsbeginn am 1. September 1939 wurden auch Häftlinge aus den deutsch besetzten Ländern eingeliefert. Im Zuge dessen wurden die Nahrungsrationen der Häftlinge deutlich herabgesetzt und Misshandlungen durch SS-Wachen nicht mehr beschränkt. Die dadurch verschlechterten Lebensbedingungen ließ die Sterblichkeit im Lager deutlich ansteigen. Ab dem Sommer 1942 wurde auch Sachsenhausen als Reservoir für Zwangsarbeit für die Rüstungsindustrie umorganisiert, wozu etwa hundert Außenlager in ganz Norddeutschland errichtet wurden.

In den letzten Kriegsmonaten trafen zahlreiche Transporte und Todesmärsche aus anderen Konzentrationslagern in Sachsenhausen ein. Innerhalb des überfüllten Lagers stiegen die Todeszahlen, auch durch zahlreiche Massenmorde. Sachsenhausen wurde am 22. April 1945 von der sowjetischen Roten Armee befreit. Einen Tag zuvor hatten die SS-Wachen einen Großteil der Häftlinge auf einen Todesmarsch in Richtung Ostsee getrieben, auf dem Tausende von ihnen ermordet wurden. Die Überlebenden wurden in den ersten Maitagen 1945 in der Nähe von Schwerin von amerikanischen und sowjetischen Truppen befreit.

Insgesamt waren im Konzentrationslager Sachsenhausen zwischen 1936 und 1945 etwa 200 000 Menschen aus über 40 Ländern inhaftiert. Die meisten von ihnen stammten aus dem deutsch besetzten Polen und den deutsch besetzten Gebieten der damaligen Sowjetunion. Mindestens 25 000 Menschen starben in Sachsenhausen infolge von Hunger, Krankheiten, Gewalt der SS-Wachen oder Massenmorden. Die Gesamtzahl der Opfer betrug nach Schätzungen der Gedenkstätte 45 000 bis 50 000.

1938 wurde die Inspektion der Konzentrationslager (IKL) unter der Leitung von Theodor Eicke (1892–1943), des ehemaligen Kommandanten des Konzentrationslagers Dachau, nach Sachsenhausen verlegt. Hierfür wurde das sogenannte T-Gebäude errichtet. Die IKL verwaltete zum Ende des Zweiten Weltkrieges 24 KZ-Hauptlager und über 1 000 Außenlager. In Sachsenhausen wurden die Lagerordnung mit den Strafen für die Häftlinge erlassen, die Rationen der Häftlinge festgelegt, die Zwangsarbeit organisiert und Massenmordaktionen wie die Ermordung der sowjetischen Kriegsgefangenen im Herbst 1941 koordiniert. Ab 1939 war Sachsenhausen eine wichtige Basis der Waffen-SS, in deren Werkstätten die KZ-Häftlinge Zwangsarbeit leisten mussten. Sachsenhausen diente wegen seiner Lage bei Berlin als Vorführlager für propagandistische Zwecke.

Sinti:ze und Rom:nja

Einzelne Sinti und Roma waren bereits vor Juni 1938 in Sachsenhausen inhaftiert. So ist die am 27. Mai 1937 erfolgte Einlieferung von Adolf W. nachgewiesen, der sowohl als „Berufsverbrecher“ als auch mit der rassistischen Fremdbezeichnung Zigeuner erfasst wurde. Sinti:ze und Rom:nja waren als Häftlingsgruppe von Juni 1938 bis zur Räumung des Lagers am 21. April 1945 präsent. Namentlich konnten bisher 972 Angehörige der Minderheit dokumentiert werden. Von diesen starben mindestens 122 in Sachsenhausen, 179 weitere starben nach ihrer Haft in Sachsenhausen in anderen Konzentrationslagern. Da die SS [Schutzstaffel] im April 1945 einen großen Teil der Dokumente des Konzentrationslagers Sachsenhausen verbrannte, können sich die hier gemachten Angaben nur auf eine lückenhafte Überlieferung stützen. Die tatsächliche Anzahl der Sinti:ze und Rom:nja als Häftlinge in Sachsenhausen liegt vermutlich um mehrere Hundert höher.

Häftlingskategorien

Die meisten Sinti:ze und Rom:nja waren als asozial oder arbeitsscheu in den Häftlingslisten vermerkt, jedoch auch in beinahe allen Häftlingskategorien vertreten: Als „Berufsverbrecher“ oder „befristete Vorbeugehäftlinge“ waren mindestens 17 Sinti und Roma in Sachsenhausen inhaftiert. Sowohl unter der rassistischen Fremdbezeichnung als auch als „Schutzhäftlinge“ (politische Häftlinge) wurden acht Häftlinge registriert. In einem Fall wurde als Verhaftungsgrund „Arbeitssabotage“ angegeben, bei zwei weiteren Häftlingen war eine Mitgliedschaft in der KPD vorhanden.

Drei Sinti oder Roma hatten auch jüdische Vorfahren. So wurde Eichwald Rose (1908–unbekannt) aus Stettin nach seiner Einlieferung im Juni 1938 in Sachsenhausen in den Baracken für jüdische Häftlinge inhaftiert. Er sagte im Jahr 1947 im Rahmen der Ermittlungen zu den Nürnberger Prozessen aus, dass er unter Zustimmung zu einer Sterilisation im Dezember 1940 entlassen worden sei. Die Zwangssterilisation sei dann im Mai 1941 auf Anweisung von Robert Ritter (1901–1951), dem Leiter der Rassenhygienischen Forschungsstelle, vorgenommen worden.2Staatsarchiv Nürnberg, KV-Anklagedokumente, NG-552. Im September 1942 wurde Eichwald Rose erneut in das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert. Ein zweites Beispiel ist Josef Hertzberg (1897–1941) aus Tilsit in Ostpreußen, der ebenfalls 1938 nach Sachsenhausen verschleppt worden war und am 6. September 1940 in das KZ Dachau überstellt wurde, wo er am 29.April 1941 starb.3Arolsen Archives, Korrespondenzakte T/D-407943, Inhaftierungsbescheinigung 51311 Josef Hertzberg. In Sachsenhausen war er zusätzlich als „asozialer Jude“ geführt worden.

Zwei Angehörige der Minderheit waren zusätzlich als „175/homo“ gelistet worden, wurden also nicht nur als „Fremdrassige“, sondern auch wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt.

Für drei Männer findet sich ein Eintrag als „SV/Sicherungsverwahrte“. Dies lässt darauf schließen, dass sie gemäß der Vereinbarung des Reichsjustizministers Otto Thierack (1889–1946) mit Reichsführer-SS Heinrich Himmler (1900–1945) vom 18. September 1942 aus dem Strafvollzug in das Konzentrationslager überstellt worden waren. Weitere Angehörige der Minderheit wurden als „Ausweisungshäftlinge“ vor ihrer geplanten Abschiebung in tatsächliche oder vermeintliche Herkunftsländer inhaftiert.

Zudem wurden Sinti:ze und Rom:nja wie Juden:Jüdinnen gemäß der Nürnberger Gesetze in Konzentrationslager deportiert, wenn sie Liebesbeziehungen mit „arischen“ Partner:innen hatten. Auch Partner:innen von Sinti:ze und Rom:nja, die nicht der Ethnie angehörten und sich weigerten, die Verbindung zu lösen, wurden nach Sachsenhausen deportiert. Der politische Häftling Emilio (auch Emil) Büge (1890–1950) etwa berichtete über Willi Schröder (1904–unbekannt), der sich nach 16 Jahren Beziehung nicht von der Mutter seiner beiden Kinder trennen wollte, und deshalb im Dezember 1942 nach Sachsenhausen eingeliefert wurde.4Büge et. al., 1470 KZ-Geheimnisse, 121. Sonja L. war zeitgleich im Konzentrationslager Ravensbrück inhaftiert worden5Arolsen Archives, Konzentrationslager Ravensbrück: Häftlingsliste KL Ravensbrück 25.11.1942, DocID 3767994. und überlebte. Das Paar konnte erst 1946 heiraten.6Ebd., DocID: 76862457, Auszug aus dem Trauungsregister der Gemeinde Ziegenhain bei Kassel.

Die Vielfalt der Häftlingskategorien zeigt, dass die Verfolgung von Sinti:ze und Rom:nja im Deutschen Reich eng mit der Verfolgung verschiedener anderer Gruppen verflochten war.

Einweisungen 1938

Eine große Gruppe von Sinti und Roma kam erstmals durch die massenhaften Deportationen im Rahmen der „Aktion Arbeitsscheu Reich in der Zeit vom 14. bis 23. Juni 1938 in das KZ Sachsenhausen. Je nach Region wurden hierbei unterschiedlich viele Sinti und Roma verhaftet. Überlebende berichten, dass im Berliner Zwangslager Marzahn alle erwachsenen Männer verhaftet wurden.7Pientka, Das Zwangslager für Sinti und Roma in Berlin-Marzahn, 126 ff. Mindestens 60 Sinti und Roma aus Berlin wurden im Juni 1938 nach Sachsenhausen deportiert, aus Hamburg wurden weitere 100 bis 150 Sinti und Roma gewaltsam nach Sachsenhausen verschleppt.8Wünsche et al., Die nationalsozialistische Verfolgung Hamburger Roma und Sinti, 45; Luchterhandt, Der Weg nach Birkenau, 108. Aus Ostpreußen, insbesondere aus der Barackensiedlung Kontiner Weg in Königsberg, wurden ebenfalls viele Sinti und Roma nach Sachsenhausen deportiert. Josef M. aus Mönchenglachbach, der erst bei Kriegsende befreit wurde, erinnerte sich an den Transport nach Sachsenhausen: „Nachts um zwölf [am 21. Juni 1938] mussten wir alle raustreten […]. Da stand ein Zug, wir sind die ganze Nacht durchgefahren, bis nach Berlin-Sachsenhausen. […] Ausgestiegen mit Schlägen, da waren schon zwei tot, war eine Abschreckung, und dann rein ins Lager, kam einer über den Bock,9Das „Bockschlagen“ war eine im Konzentrationslager Sachsenhausen übliche Straf- und Foltermethode. Ein Häftling wurde über einen Bock gelegt und bekam 25 Schläge auf das Gesäß mittels einer Lederpeitsche. Eine unbekannte Anzahl von Häftlingen kam auf diese Weise zu Tode. Ein Exemplar eines solchen Bocks ist in der Ausstellung in der ehemaligen Häftlingsküche zu sehen. da haben sie drauf gehauen.“10Interview mit Josef M. 1988, zit. nach Fings et al., Rassismus – Lager – Völkermord, 102.

Am 1. August 1938 wurden unter den 6 200 nach Sachsenhausen Deportierten 442 Sinti und Roma geführt.11Archiv der Gedenkstätte Sachsenhausen, D 1 A/1020, Bl. 323, Konzentrationslager Sachsenhausen/Gefangenen-Geld- und Effektenverwalter: Veränderungsmeldung, 01.08.1938. Unter ihnen befanden sich zahlreiche Jugendliche ab 15 Jahren. Die tatsächliche Zahl der eingewiesenen Sinti und Roma dürfte höher gewesen sein, da einige Häftlinge zu diesem Zeitpunkt bereits entlassen worden waren. Viele der Deportierten hatten seit Jahren feste Arbeitsstellen, was bis Ende 1940 noch eine Möglichkeit zur Entlassung bot: 106 Sinti und Roma wurden aus diesem Grund wieder entlassen. Zahlreiche Familien der Verhafteten versuchten, in Berlin beim Reichskriminalpolizeiamt (RKPA) vorzusprechen, um die Entlassung ihrer Angehörigen zu erwirken, was jedoch das RKPA unter Androhung von Strafen zu unterbinden versuchte.12Vgl. Luchterhandt, Der Weg nach Birkenau, 109.

Sinti und Roma waren zu dieser Zeit zusammen mit anderen Männern der Häftlingsgruppe der „Asozialen“ im dritten Barackenring des hinteren Teils des Lagers untergebracht.

In vielen Berichten von Überlebenden aus anderen Häftlingskategorien des Konzentrationslagers Sachsenhausen wurden Sinti und Roma zwar erwähnt, meist jedoch nur sehr allgemein und unter der rassistischen Fremdbezeichnung. Selten wurden einzelne Sinti oder Roma namentlich benannt,13Archiv der Gedenkstätte Sachsenhausen, JD 21/6, 19–31, Zeugenaussage Jadoslav Purš, 05.06.1961. was darauf schließen lässt, dass es nur wenige enge Kontakte untereinander gab. Dies kann verschiedene Gründe haben, etwa die generelle Stigmatisierung der Minderheit in der deutschen Gesellschaft. Durch die massenhaften Einlieferungen von Sinti und Roma im Juni 1938 waren sie zudem Teil der großen Häftlingsgruppe der sogenannten „Asozialen“, zu denen politischen Häftlinge, von denen der Hauptteil der Erinnerungsberichte stammt, in der Regel Abstand hielten. Eine Ausnahme bildete die in Sachsenhausen von dem Sozialisten Franz Bobzien (1906–1941) eingerichtete Schule, die ausländischen Jugendlichen Deutsch beibrachte und jugendlichen Sinti und Roma, die aus rassistischen Gründen keine Schule hatten besuchen können, Lesen und Schreiben vermittelte.

Lageralltag ab 1939

Der Alltag der Häftlinge war vor allem von ständigem Hunger, der ungewissen Zukunft und der harten Zwangsarbeit geprägt. Nach dem Wecken blieb den Gefangenen eine halbe Stunde Zeit, unter Schikanen ihre Betten zu machen, die sie sich oft zu zweit oder dritt teilen mussten, die überfüllten Toiletten zu besuchen und ein Stück Brot und einen Getreidekaffee zu sich zu nehmen. Anschließend wurden alle Häftlinge auf dem Appellplatz gezählt, was oft mehrere Stunden dauern konnte. Den Großteil des Tages nahm mit zehn bis 14 Stunden die Zwangsarbeit ein, wobei die Häftlinge unter strenger Bewachung der SS-Männer standen und von diesen oft misshandelt wurden. Mittags und abends gab es meist nur eine dünne Suppe aus Kartoffeln und Rüben. Abends wurde wieder ein Appell abgehalten. Die Nachtruhe konnte zusätzlich durch spontane „Inspektionen“ der SS-Männer unterbrochen werden.

Die überfüllten Baracken mit den schlechten hygienischen Bedingungen, Misshandlungen, der mangelnde Schutz vor Arbeitsunfällen und die ungeschützte Konfrontation mit dem Wetter bei den Appellen und der Arbeit führten zu zahlreichen Krankheiten und Verletzungen. Die Krankenversorgung im Konzentrationslager Sachsenhausen war jedoch unzureichend, erst ab 1942 durften qualifizierte Häftlingsärzte eingesetzt werden. Ab 1940 wurden geschwächte Häftlinge in Lager wie Mauthausen, Dachau und später Lublin-Majdanek überstellt. So wurde am 25. Januar 1940 ein Transport von über 1 000 Häftlingen, darunter 48 Sinti und Roma, nach Mauthausen organisiert.14Ebd., D 10 A/01, K.L. Mauthausen: Zugänge vom K.L. Sachsenhausen am 25.01.1940. Nach vier Monaten waren über 440 von ihnen gestorben, darunter 15 Sinti und Roma. Zudem wurden ab 1941 im Krankenrevier Selektionen durchgeführt. Als nicht mehr arbeitsfähig eingeschätzte Häftlinge wurden 1941/42 im Rahmen der Aktion 14f13 in den Gaskammern der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein ermordet,15Ley, „Krankenmord im Konzentrationslager: Die ‚Aktion 14f13‘“. hierunter befanden sich mindestens vier Sinti und Roma. Zusätzlich verübten die SS-Bewacher Massenmorde; der größte war die im Herbst 1941 stattfindende Erschießung von 10 000 sowjetischen Kriegsgefangenen. Da von dieser Gruppe fast keine Namen überliefert sind, kann nicht festgestellt werden, ob sich darunter auch Roma befanden, die zuvor in der Roten Armee gedient hatten.

In den Revierbaracken des Konzentrationslagers Sachsenhausen wurden über 20 verschiedene medizinische Versuchsreihen an den Häftlingen durchgeführt. Im Sommer 1942 schlug Prof. Dr. Werner Fischer (1895–1945), Serologe am Berliner Robert-Koch-Institut, Untersuchungen an etwa 40 Sinti und Roma vor, um zu beweisen, dass sich anhand des Blutes die Rasse erkennen ließe.16Ohm et al., Die Zentrale des KZ-Terrors, 223 f; Kaienburg, Das Konzentrationslager Sachsenhausen 1936–1945, 372. Im Juli 1942 wurde von dem Fortgang der Untersuchungen berichtet und dass demnächst auch das Blut von Juden:Jüdinnen untersucht werden solle.

Neben willkürlichen Misshandlungen in Form von Schlägen, Tritten und Hundebissen übten die SS-Wachen Gewalt aus, zu der sie die Lagerordnung ermächtigte. Hierzu zählten Peitschenschläge auf dem „Bock“, die bei einigen Sinti und Roma zu bleibenden Schäden führten. In der „Isolierung“, einem abgesperrten Areal mit mehreren Baracken, wurden Häftlinge untergebracht, die der SS besonders verhasst waren. Hierzu zählten die männlichen Mitglieder der Artistenfamilien Atsch und Pasquali, die 1939 in eine Schlägerei mit einem SS-Mann verwickelt gewesen waren. Mindestens drei Mitglieder dieser Familien wurden in Sachsenhausen nach wochenlanger Folter von der SS ermordet.17Morsch, Mord und Massenmord im Konzentrationslager Sachsenhausen, 85–91.

Anstieg der Verhaftungen

Die seit Kriegsbeginn gegen Sinti und Roma verschärften Verordnungen – wie der Festsetzungserlass, der Arbeitszwang und die Beziehungsverbote – schlugen sich auch in Sachsenhausen nieder: Bis 1943 wurden einzeln und in kleinen Gruppen hunderte deutscher Sinti und Roma in das Lager eingewiesen. Von 1940 bis 1942 waren nach den Erinnerungen von Karl Pasquali (1922–1999) etwa 500 Sinti und Roma zusammen in den Baracken 54 und 55 untergebracht,18Pasini et al., „Karl Pasquali (1922–1999)“. wodurch der Kontakt zu anderen Häftlingsgruppen weiter eingeschränkt wurde. Andererseits kamen Sinti und Roma dadurch aber in Kontakt mit Freunden und Angehörigen und hatten so die Möglichkeit, sich gegenseitig zu unterstützen. In diesen Baracken wurden die Sinti und Roma oft nachts aus dem Schlaf gerissen und in den Waschräumen von SS-Männern mit kaltem Wasser übergossen, wodurch viele an Herzschlägen starben. Karl Pasquali spricht hierbei von mindestens 40 bis 50 Toten, von denen bislang 14 namentlich identifiziert und somit nachgewiesen werden können.19Standesamt Oranienburg, Sterbezweitbuch. Einträge 1940–42.

Zwangsarbeit

Sinti und Roma wurden bis 1940 hauptsächlich zur Zwangsarbeit im Arbeitskommando „Klinkerwerk“ eingesetzt. Zunächst mussten sie eine große Ziegelfabrik errichten, die wegen Fehlplanungen mehrmals umgebaut wurde. In dieser Fabrik sollten die KZ-Häftlinge anschließend die für den Umbau Berlins zur „Welthauptstadt Germania“ benötigten Ziegelsteine herstellen. Diese Zwangsarbeit war geprägt von harter körperlicher Arbeit, einem hohen Arbeitstempo, schweren Misshandlungen durch die SS-Wachen und von diesen herbeigeführten Arbeitsunfällen. Mindestens ein Sinto wurde im „Klinkerwerk“ bei einem Fluchtversuch erschossen.

Ab 1940 wurden Sinti und Roma zunehmend auf andere Arbeitskommandos und ab 1942 auch auf andere Baracken aufgeteilt. Ein besonders gefährliches Kommando, bei dem vor allem Sinti und Roma aus Berlin herangezogen wurden, war die Räumung und Entschärfung nicht explodierter Bomben nach alliierten Luftangriffen. Acht daran beteiligte Sinti aus Berlin wurden im Dezember 1940 als Belohnung für ihren Einsatz entlassen.20Pientka, Das Zwangslager für Sinti und Roma in Berlin-Marzahn, 129 ff. Danach mussten Häftlinge aus Sachsenhausen diese Arbeiten ohne eine Aussicht auf Befreiung durchführen.

Mehrere Sinti aus Berlin waren bei der Lagerfeuerwehr eingesetzt, einer von ihnen auch als Gruppenführer. Dies ist der einzige bekannte Fall einer privilegierten Häftlingsstellung eines Sinto oder Rom; diese Position nutze er auch, um anderen Sinti zu helfen. Mehrere Sinti und Roma waren zudem dem Lagerorchester des Konzentrationslagers Sachsenhausen und seiner Außenlager zugeteilt. Fritz Winter (1924–2014) aus Berlin, der nach dem Krieg als Berufsmusiker in Essen lebte, erinnerte sich, wie er als Mitglied des Lagerorchesters am Turm A musizieren musste: „Als man mich in Sachsenhausen ins Lagerorchester kommandierte, verbesserte sich meine trostlose Lage ein wenig. Ein Orchester in dieser Hölle war eine der ausgefallenen Ideen der SS. Wir standen am Lagertor und mussten frohe Weisen spielen, während die Arbeitskommandos apathisch an uns vorbeizogen. Abends standen wir wieder dort. Da einige aus dem Orchester Pakete von ihren Angehörigen empfingen und den Inhalt mit jenen teilten die leer ausgingen, bekam ich hin und wieder etwas mit.“21Zit. nach: Schmidt, Lichter in der Finsternis, 242–248.

Mindestens 40 der in Sachsenhausen inhaftierten Sinti und Roma mussten bei den Heinkel-Flugzeugwerken in Oranienburg arbeiten. Auch mussten Sinti und Roma im Hauptlager auf einer auf Initiative der privaten Schuhindustrie gebauten Schuhprüfstrecke Zwangsarbeit leisten. Waldemar Braun (1919–2004) aus Marburg kam nach einem Fluchtversuch, der beinahe zu seiner Hinrichtung geführt hätte, in dieses Arbeitskommando. Er berichtete: „Ich kam in ein Strafkommando, das sogenannte ‚Schuhläuferkommando‘. Wir mussten jeden Tag kilometerlange Runden über verschiedene Bodenbeläge, über Schotter und durch Wasser laufen. Damit sollte die Haltbarkeit von Schuhsohlen, Absätzen, Eisenbeschlägen und Strümpfen ‚getestet‘ werden.“22Zit. nach: Engbring-Romang, Marburg. Auschwitz, 98. Braun war neun Monate den Strapazen in diesem Kommando ausgesetzt, lediglich unterbrochen durch einen einmonatigen Aufenthalt im Krankenrevier.23Archiv der Gedenkstätte Sachsenhausen, D 25 A/7, Konzentrationslager Sachsenhausen/Lagerkommandant: Einweisung in die SK/Schuhläuferkommando, 18.05.1944.

Nationalitäten

Auch Sinti:ze und Rom:nja aus anderen europäischen Ländern wurden nach Sachsenhausen deportiert. Im Januar 1943 wurden 65 französische Sinti und Roma aus einem Internierungslager bei Poitiers (Route de Limoges) eingeliefert, von denen nur wenige überlebten. Die Präfektur von Viennes hatte die Männer im Alter zwischen 16 und 60 Jahren ausgewählt, damit die „guten Bürger von Poitiers“ (les bons Poitevins) nicht als Zwangsarbeiter nach Deutschland gebracht werden würden. Als die deutschen Behörden feststellten, dass es sich hierbei nicht um die angeforderten Facharbeiter, sondern Sinti und Roma handelte, wurden diese nach Sachsenhausen überstellt. Dies war ein in der deutschen Besatzungsgeschichte Frankreichs einmaliger Vorgang: Sinti:ze und Rom:nja wurden dort meist in Zwangslagern inhaftiert oder unter Hausarrest gestellt, jedoch nicht systematisch in deutsche Konzentrationslager deportiert.24Filhol et al., Les Tsiganes en France, 267–280.

Sinti:ze und Rom:nja aus dem Protektorat Böhmen und Mähren, dem deutsch besetzten Polen, dem angeschlossenen Österreich und aus Gebieten des besetzten Jugoslawiens waren ebenfalls in Sachsenhausen interniert. Ende 1944 wurden in Ungarn zahlreiche Roma verhaftet und deportiert, von denen 26 Männer über das KZ Dachau im Februar 1945 in Sachsenhausen eingeliefert wurden.

Frauen

Bis Ende 1944 war Sachsenhausen ein reines Männerlager. Dann wurden einige Außenlager des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück organisatorisch dem Konzentrationslager Sachsenhausen unterstellt, so das Außenlager Arado Wittenberg, in dem etwa 30 deutsche, polnische und tschechische Sintize und Romnja in der Flugzeugproduktion Zwangsarbeit leisten mussten. Vier Sintize und Romnja waren zudem vorübergehend im Frauenlager innerhalb des Stammlagers Sachsenhausen vorübergehend inhaftiert.

Während der massiven alliierten Luftangriffe in den letzten Kriegsmonaten gelang einigen Sinti:ze und Rom:nja die Flucht, so aus dem Außenlager Klinkerwerk oder dem Außenlager Arado Wittenberg, wo der Sinteza Zilli Schmidt geb. Reichmann (1924–2022) mit Hilfe eines deutschen Zivilarbeiters die Flucht gelang. Andere entkamen auf einem der Todesmärsche.

Das Kriegsende

Als im März 1943 die deutschen Sinti:ze und Rom:nja in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert wurden, verblieben die in Sachsenhausen inhaftierten Sinti und Roma im Lager. Diejenigen Sinti und Roma, die in der deutschen Wehrmacht gedient hatten, wurden in Birkenau mit ihren Familien separiert und – sofern sie bis dahin überlebten – im August 1944 nach Ravensbrück transportiert. Dort wurden viele von ihnen zwangsweise sterilisiert. Am 3. März 1945 wurden 218 Männer und Jungen aus dieser Gruppe nach Sachsenhausen überstellt. Am 15. April wurden etwa 170 von ihnen in Uniformen der SS-Sondereinheit Dirlewanger eingekleidet und unter Bewachung an die Front an der Neiße geschickt, wo viele von ihnen starben. Andere liefen zur Roten Armee über oder flohen. In einigen Fällen wurden Sinti und Roma nach Kriegsende noch jahrelang in sowjetischer Kriegsgefangenschaft gehalten.

Am 21. April 1945 wurde das Konzentrationslager Sachsenhausen vor der heranrückenden sowjetischen Armee geräumt und die Häftlinge auf einen Todesmarsch in Richtung Ostsee getrieben. Die noch im Lager befindlichen gewesenen Sinti und Roma, darunter Söhne der zur SS-Sondereinheit Dirlewanger eingezogenen Männer, waren unter ihnen. Mindestens ein älterer Sinto wurde hier von SS-Männern erschossen, weil er das Marschtempo nicht mehr einhalten konnte.25Staatsarchiv Hamburg, Polizeibehörde II, 1282, Familienakte Rosenberg, 33.1-II.

Nach 1945

Viele Überlebende brauchten zunächst einige Wochen medizinischer Versorgung, damit sie überhaupt reisefähig waren. Einer von ihnen war der 11-jährige Hermann „Mano“ Höllenreiner (geb. 1933), der durch seine traumatisierenden Erlebnisse eine Zeit lang sein Gedächtnis verlor. Befreite Französinnen nahmen den Jungen in ihre Obhut. Zwei Jahre lebte er in Frankreich, bis seine Familie ihn über das Rote Kreuz wiederfand. Viele Überlebende wurden in den ersten Jahren Nachkriegsjahren als Opfer des Nationalsozialismus unterstützt, bis ab 1948 in Ost- und Westdeutschland verstärkt wieder rassistische Praktiken gegenüber Sinti:ze und Rom:nja den Alltag prägten, was schließlich auch zu einer Schlechterstellung in der Wiedergutmachung führte. Für die Überlebenden des Konzentrationslagers Sachsenhausen waren die Voraussetzungen für eine Anerkennung als NS-Verfolgte auch deshalb schwierig, weil der sowjetische Geheimdienst die verbliebenden Häftlingslisten 1945 beschlagnahmt hatte und Haftzeiten somit nicht durch Dokumente belegt werden konnten. Diese standen erst ab den 1990er-Jahren in Deutschland in Form von Kopien zur Verfügung.

Die Gedenkstätte Sachsenhausen

Sachsenhausen lag in der Sowjetisch Besetzten Zone (SBZ) Deutschlands und wurde bis 1950 als sowjetisches Speziallager für die Internierung ehemaliger Nationalsozialisten und als Repressionsort gegen Bewohner:innen der SBZ betrieben.

Danach stand das Gelände bis ins Jahr 1961 hinein leer. Die Baracken waren als Baumaterial verwendet und dabei abgetragen worden. Die schließlich 1961 eingerichtete „Nationale Mahn- und Gedenkstätte“ der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) legte ihren Fokus auf die kommunistischen Häftlinge des Konzentrationslagers Sachsenhausen. Sinti:ze und Rom:nja fanden in den Ausstellungen lediglich einmal summarische Erwähnung.

Erst die politischen Umwälzungen ab 1990 ermöglichten die Anbringung einer ersten Gedenktafel für die Opfergruppe an der vormaligen Pathologie. 2004 wurde im ehemaligen Krankenrevier eine Ausstellung zu Sinti:ze und Rom:nja in Sachsenhausen eröffnet. In dieser wird auch die im Dezember 1939 erfolgte Erfassung von 400 in Sachsenhausen inhaftierten Sinti und Roma durch Eva Justin (1909–1966), Mitarbeiterin der Rassenhygienischen Forschungsstelle, thematisiert. In der Ausstellung werden zudem 20 Biografien von Sinti und Roma gezeigt, von denen acht mit eigenen Stelen präsentiert werden.

Aufgrund des seit den 2000er-Jahren eingeführten dezentralen Ausstellungskonzeptes werden Sinti:ze und Rom:nja in mehreren der 13 Ausstellungen der Gedenkstätte erwähnt: Walter Stanoski Winter (1919–2012) wird in der Baracke 39 zum Häftlingsalltag zusammen mit einer Tonspur mit Ausschnitten aus seinem Zeitzeugenbericht dargestellt, die Geschichten der erwähnten Brüder Atsch in der Open-Air Ausstellung zu Mord und Massenmord im Konzentrationslager Sachsenhausen und die des Michael R. aus Köln in der Überblicksausstellung in der ehemaligen Häftlingsküche erzählt. Die Zwangssterilisation eines 1918 geborenen und 1943 in Sachsenhausen gestorbenen Sintos, die unter der Beteiligung des Lagerarztes Dr. Richard Krieger (1876–1960) im Mai 1941 stattfand, ist in der Ausstellung zu Medizin und Verbrechen im Konzentrationslager Sachsenhausen thematisiert.

Forschung, Vermittlung und Gedenken

Forschungen zur Opfergruppe setzten erst spät ein. Biografien der Sinti:ze und Rom:nja im Konzentrationslager Sachsenhausen müssten durch weitere Recherchen in verschiedenen Archiven – besonders im vormaligen Pommern und Ostpreußen –, die Auswertung von Entschädigungsakten in verschiedenen deutschen Staatsarchiven sowie durch die Zusammenarbeit mit Angehörigen ergänzt werden. Die Praxis der Deportationen aus verschiedenen Städten bis 1938 scheint sehr unterschiedlich gewesen zu sein, dies wäre weiter zu erhellen. Da die größere Häftlingsgruppe der „Asozialen“, zu denen Sinti und Roma oft gezählt wurden, noch nicht umfassend erforscht ist, könnten auch hierzu weitere Erkenntnisse gewonnen werden. Auch sind die Hintergründe der Verfolgung der polnischen, ungarischen und eventuell auch jugoslawischen Roma, die nach Sachsenhausen deportiert wurden, weiter aufzuklären.

Seit 2002 wird jährlich um den 16. Dezember herum anlässlich des Jahrestages des „Auschwitz-Erlasses“ in der Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen der Verfolgung und Ermordung der Sinti:ze und Rom:nja gedacht. In der aktuellen Bildungsarbeit vor Ort wird ein dreistündiger Themenrundgang zu Sinti:ze und Rom:nja als Häftlingsgruppe im Konzentrationslager Sachsenhausen angeboten. Zusätzlich kann seit 2014 ein sechsstündiger Workshop zu Sinti:ze und Rom:nja in Sachsenhausen gebucht werden. Biografien von Sinti:ze und Rom:nja sind Teil weiterer Workshopangebote der Gedenkstätte. Seit 2020 werden verschiedene Programme zusammen mit Nachkommen ehemals Inhaftierter durchgeführt, Nachkommen können zudem nach Voranmeldung einen Rundgang und, wenn gewünscht, einen Archivbesuch vereinbaren.

2024 wurde die Ausstellung im ehemaligen Krankenrevier durch eine kritische Intervention, an der Angehörige der Sinti:ze und Rom:nja beteiligt waren, überarbeitet. Die Intervention thematisierte unter anderem antiziganistische Stereotype, die gewaltsame Entstehung zahlreicher Fotografien und Gesichtsabdrücke sowie die Bürgerrechtsbewegung ab den 1980er-Jahren.26Anders, „Wir intervenieren!“ S.a. https://www.youtube.com/watch?v=V5LCIWqjYv8 [Zugriff: 01.06.2025].

Einzelnachweise

  • 1
    Die Recherche zu diesem Text erfolgte im Rahmen eines Forschungsprojektes des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg. Im Text werden gegenderte Formen verwendet, wenn die Anwesenheit von Frauen mit gemeint ist. Dabei soll nicht ausgeschlossen werden, dass sich einige der als Männer Verhafteten anders definiert haben.
  • 2
    Staatsarchiv Nürnberg, KV-Anklagedokumente, NG-552. Im September 1942 wurde Eichwald Rose erneut in das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert.
  • 3
    Arolsen Archives, Korrespondenzakte T/D-407943, Inhaftierungsbescheinigung 51311 Josef Hertzberg.
  • 4
    Büge et. al., 1470 KZ-Geheimnisse, 121.
  • 5
    Arolsen Archives, Konzentrationslager Ravensbrück: Häftlingsliste KL Ravensbrück 25.11.1942, DocID 3767994.
  • 6
    Ebd., DocID: 76862457, Auszug aus dem Trauungsregister der Gemeinde Ziegenhain bei Kassel.
  • 7
    Pientka, Das Zwangslager für Sinti und Roma in Berlin-Marzahn, 126 ff.
  • 8
    Wünsche et al., Die nationalsozialistische Verfolgung Hamburger Roma und Sinti, 45; Luchterhandt, Der Weg nach Birkenau, 108.
  • 9
    Das „Bockschlagen“ war eine im Konzentrationslager Sachsenhausen übliche Straf- und Foltermethode. Ein Häftling wurde über einen Bock gelegt und bekam 25 Schläge auf das Gesäß mittels einer Lederpeitsche. Eine unbekannte Anzahl von Häftlingen kam auf diese Weise zu Tode. Ein Exemplar eines solchen Bocks ist in der Ausstellung in der ehemaligen Häftlingsküche zu sehen.
  • 10
    Interview mit Josef M. 1988, zit. nach Fings et al., Rassismus – Lager – Völkermord, 102.
  • 11
    Archiv der Gedenkstätte Sachsenhausen, D 1 A/1020, Bl. 323, Konzentrationslager Sachsenhausen/Gefangenen-Geld- und Effektenverwalter: Veränderungsmeldung, 01.08.1938. 
  • 12
    Vgl. Luchterhandt, Der Weg nach Birkenau, 109.
  • 13
    Archiv der Gedenkstätte Sachsenhausen, JD 21/6, 19–31, Zeugenaussage Jadoslav Purš, 05.06.1961.
  • 14
    Ebd., D 10 A/01, K.L. Mauthausen: Zugänge vom K.L. Sachsenhausen am 25.01.1940.
  • 15
    Ley, „Krankenmord im Konzentrationslager: Die ‚Aktion 14f13‘“.
  • 16
    Ohm et al., Die Zentrale des KZ-Terrors, 223 f; Kaienburg, Das Konzentrationslager Sachsenhausen 1936–1945, 372.
  • 17
    Morsch, Mord und Massenmord im Konzentrationslager Sachsenhausen, 85–91.
  • 18
    Pasini et al., „Karl Pasquali (1922–1999)“.
  • 19
    Standesamt Oranienburg, Sterbezweitbuch. Einträge 1940–42.
  • 20
    Pientka, Das Zwangslager für Sinti und Roma in Berlin-Marzahn, 129 ff.
  • 21
    Zit. nach: Schmidt, Lichter in der Finsternis, 242–248.
  • 22
    Zit. nach: Engbring-Romang, Marburg. Auschwitz, 98.
  • 23
    Archiv der Gedenkstätte Sachsenhausen, D 25 A/7, Konzentrationslager Sachsenhausen/Lagerkommandant: Einweisung in die SK/Schuhläuferkommando, 18.05.1944.
  • 24
    Filhol et al., Les Tsiganes en France, 267–280.
  • 25
    Staatsarchiv Hamburg, Polizeibehörde II, 1282, Familienakte Rosenberg, 33.1-II.
  • 26
    Anders, „Wir intervenieren!“ S.a. https://www.youtube.com/watch?v=V5LCIWqjYv8 [Zugriff: 01.06.2025].

Zitierweise

Kai Müller: Sachsenhausen, in: Enzyklopädie des NS-Völkermordes an den Sinti und Roma in Europa. Hg. von Karola Fings, Forschungsstelle Antiziganismus an der Universität Heidelberg, Heidelberg 3. Februar 2025.-

1937
27. Mai 1937Adolf W. wird in das Konzentrationslager Sachsenhausen, Deutschland, deportiert. Er ist der erste namentlich bekannte Sinto in dem im Juli 1936 nahe Berlin errichteten Lager.  
1938
13. – 18. Juni 1938Während der „Aktion Arbeitsscheu Reich“ werden erstmals größere Gruppen von Sinti und Roma verhaftet und in die Konzentrationslager Buchenwald, Dachau und Sachsenhausen, Deutschland, eingeliefert.
9. – 10. November 1938Während eines von der NS-Führung gesteuerten Pogroms gegen die jüdische Bevölkerung werden mindestens 1 400 Synagogen in Deutschland und Österreich beschädigt oder zerstört, Hunderte Menschen verletzt oder getötet und mehr als 30 000 jüdische Männer in die Konzentrationslager Buchenwald, Dachau und Sachsenhausen verschleppt.
1940
25. Januar 1940Etwa 1 000 Häftlinge, darunter 48 Sinti und Roma, werden aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen, Deutschland, nach Mauthausen, Österreich, verlegt.
25. Juli 1940Die ersten Sinti und Roma werden in das im Dezember 1938 zunächst als Außenlager des Konzentrationslagers Sachsenhausen eingerichtete, ab Frühjahr 1940 selbstständige Konzentrationslager Neuengamme, Deutschland, eingeliefert.
22. September 1940Die ersten Sinti und Roma sind im Außenlager Wewelsburg des Konzentrationslagers Sachsenhausen, Deutschland, inhaftiert. Ab dem 1. September 1941 wird das Außenlager zum selbstständigen Konzentrationslager Niederhagen/Wewelsburg.
1941
7. Juni 1941Im Rahmen der „Aktion 14f13“ werden Häftlinge aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen, Deutschland, in die Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein verlegt und vergast. Unter ihnen befinden sich vier Sinti und Roma.
1943
25. Januar 1943Mit einem Transport von über 1 000 Häftlingen aus dem Durchgangslager Compiègne-Royallieu, deutsch besetztes Frankreich, werden 65 französische Sinti und Roma in das Konzentrationslager Sachsenhausen, Deutschland, eingeliefert.
1945
3. März 1945211 Roma und Sinti werden im Rahmen einer teilweisen Räumung des Männerlagers im Konzentrationslager Ravensbrück, Deutschland, in das Konzentrationslager Sachsenhausen überstellt. Unter den Männern befinden sich viele ehemalige Wehrmachtsoldaten.
22. April 1945Polnische und sowjetische Truppen befreien das Konzentrationslager Sachsenhausen, Deutschland, in dem sich zu dem Zeitpunkt noch 3 400 geschwächte Häftlinge befinden.  
1990
17. Dezember 1990Auf Initiative der Cinti-Union und der Rom-Union Berlin wird in der Gedenkstätte Sachsenhausen, Deutschland, die erste Gedenktafel für Sinti:ze und Rom:nja angebracht.  
2004
7. November 2004 In der Gedenkstätte Sachsenhausen, Deutschland, wird im ehemaligen Krankenrevier eine Dauerausstellung über Sinti:ze und Rom:nja im Konzentrationslager Sachsenhausen eröffnet.
2024
18. April 2024In der Gedenkstätte Sachsenhausen, Deutschland, wird mit einer Intervention, die u.a. Angehörige der Opfer des Konzentrationslagers erarbeitet haben, die vorhandene Dauerausstellung über Sinti:ze und Rom:nja kritisch kommentiert und ergänzt.